Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Ein Einkommensteuerbescheid, der sich an Erben richten soll, wird diesen gegenüber nur wirksam, wenn sie namentlich als Inhaltsadressaten aufgeführt sind oder sich durch Auslegung des Bescheids ergibt, welche Personen als Erben angesprochen werden sollen.
Sachverhalt
Die Antragstellerin, Frau A, ist mit ihrer Schwester, Frau S, (Mit-)Erbin der im Jahr 2010 verstorbenen Erblasserin B. Die Antragstellerin teilte dem Finanzamt nach dem Ableben der B mit, dass sie deren Generalbevollmächtigte sei.
Im Jahr 2011 erließ das Finanzamt mehrere, die Erblasserin betreffende geänderte Einkommensteuerbescheide und Zinsbescheide für die Jahre ab 1999. In den Bescheiderläuterungen wurde jeweils darauf hingewiesen, dass die Bescheide "für Frau A und die Erben nach Frau B" bestimmt und "alle Beteiligten Gesamtschuldner (§ 44 AO)" seien. Das Anschriftenfeld enthielt jeweils den Namen und die Anschrift der Antragstellerin.
Die Antragstellerin erhob gegen die Änderungsbescheide und Zinsbescheide Einspruch und machte geltend, dass die Bescheide wegen nicht hinreichender Bestimmung der Inhaltsadressaten nichtig seien. Zudem beantragte sie die Aufhebung der Vollziehung.
Entscheidung
Das Finanzgericht entscheidet nach summarischer Prüfung im Verfahren nach § 69 FGO, dass die Bescheide wirksam bekanntgegeben worden sind, soweit sie sich an die Antragstellerin richten.
Ein Einkommensteuerbescheid, der sich an Erben richten soll, wird diesen gegenüber nur wirksam, wenn diese namentlich als Inhaltsadressaten aufgeführt sind oder sich durch Auslegung des Bescheids ergibt, welche Personen als Erben angesprochen werden sollen. Dabei ist ausreichend, wenn sich die Beteiligten zwar nicht aus dem Adressfeld, wohl aber aus dem weiteren Inhalt des Bescheids ergeben.
Den in Rede stehenden Bescheiden ist bei der gebotenen verständigen Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände objektiv eindeutig zu entnehmen, dass die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der Erblasserin Inhaltsadressatin ist und sie für die jeweils festgesetzte Steuer bzw. die Zinsen als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird.
Hinweis
Ob die Bescheide hinsichtlich der weiteren Miterbin unwirksam sind, da diese in den Bescheiden nicht namentlich erwähnt wurde, konnte das Finanzgericht offen gelassen. Denn zusammengefasste Bescheide nach § 155 Abs. 3 AO sind jeweils zwei inhaltlich und verfahrensrechtlich selbstständige, nur der äußeren Form nach zusammengefasste Verwaltungsakte, die ein unterschiedliches verfahrensrechtliches Schicksal haben können.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Beschluss vom 08.12.2015, 3 V 194/15