Leitsatz
Überträgt ein Elternteil sein Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven unentgeltlich im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf ein Kind, ist dieses unter folgender Voraussetzung bereits mit dem Übergabevertrag und vor der eigentlichen Eigentumsübertragung als wirtschaftlicher Eigentümer des bilanzierten Betriebsgrundstücks anzusehen: Mit der Übergabe sind Nutzungen, Lasten, die Gefahr für den zufälligen Untergang oder Verschlechterung sowie die Verkehrssicherungspflichten des Grundstücks auf den Sohn übergegangen. Bei der unentgeltlichen Betriebsübergabe führt der Erwerber die Buchwerte fort. Dies gilt auch, wenn die Gegenleistung niedriger ist als der Buchwert, soweit mindestens die wesentlichen Betriebsgrundlagen unentgeltlich übertragen worden sind. Hält der Steuerpflichtige daneben Wirtschaftsgüter zurück und überführt diese anschließend ins Privatvermögen, sind die stillen Reserven insoweit nicht steuerbegünstigt aufzudecken.
Sachverhalt
Die Eheleute E wurden für das Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann betrieb bis Ende 1993 einen Getränkehandel als Einzelunternehmen. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge wurde das Unternehmen durch notariellen Übergabevertrag vom 29.12.1993 mit Wirkung zum 1.02.1994 auf den Sohn zu einem Kaufpreis von 150.000 DM übertragen. Nach dem Kaufvertrag sollte das gesamte Unternehmen mit allen bilanzierten Aktiven und Passiven übergeben werden. Zum Unternehmen gehört auch ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung B, Flurstück B-Straße. Bilanziert war es in der Schlussbilanz auf den 31.12.1993 entsprechend dem Betriebsprüfungsbericht (Zeitraum 1985-1987) vom 26.04.1990, und zwar mit einem Anteil von 48 %. Der Übertragungsvorgang wurde im erstmaligen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 1.02.1996 als unentgeltliche Betriebsübertragung steuerneutral behandelt. Der Sohn führte die Buchwerte der Grundstücke in seiner Bilanz fort. Im Rahmen einer bei den Eheleuten E für den Zeitraum 1993 und 1994 durchgeführten Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Grundstücksteil entgegen der Absicht und Annahme der Eheleute nicht auf den Sohn übertragen worden war und ermittelte hierfür einen Entnahmegewinn von 45.850 DM. Das Finanzamt änderte daraufhin die Einkommensteuerfestsetzung 1994 mit Bescheid vom 31.07.1998 und erfasste bei den Eheleuten Einkünfte aus Gewerbebetrieb in selber Höhe. Das Flurstück wurde durch Übergabevertrag vom 11.09.1997 auf den Sohn mit 2/3 (zivilrechtlich) übertragen, wobei der Vater von einer Übertragung von 48 % des bilanzierten Betriebsvermögens und weiteren 18,66 % als Schenkung ausging.
Gegen die Erfassung des Entnahmegewinns richtet sich der Einspruch des Ehemannes.
Entscheidung
Bei der unentgeltlichen Betriebsübergabe werden die stillen Reserven im Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht aufgedeckt, sondern die Buchwerte vom Erwerber weitergeführt - auch, wenn die Gegenleistung niedriger als der Buchwert ist (Schmidt/Wacker, 20. Aufl., EStG-Kommentar, § 16, Rz. 35 ff. m.w.N. zur Rspr.). Voraussetzung ist, dass mindestens die wesentlichen Grundlagen des Betriebs unentgeltlich übertragen worden sind. Dies ist hier der Fall. Hält der Steuerpflichtige daneben Wirtschaftsgüter zurück und überführt sie anschließend in das Privatvermögen, so sind die stillen Reserven insoweit - nicht steuerbegünstigt - aufzudecken (BFH, Urteil v. 19.02.1981, IV R 116/77, BStBl 1981 II S. 566). Den streitbefangenen Grundstücksteil hat jedoch nicht der Vater aufgrund der fehlenden notariellen Beurkundung ins Privatvermögen überführt. Bei Grundstücken erlangt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum ab dem Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann. Das ist i.d.R. der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind (BFH, Urteil v. 2.10.1987, VI R 65/84, BFH/NV 1988 S. 86). Dies gilt unabhängig von der Auflassung und Grundbucheintragung sowie vom tatsächlichen Abschluss eines notariellen Vertrags (BFH, Urteil v. 25.06.1974, VIII R 163/71, BStBl 1975 II S. 431). Ebenso kommt es für die Buchung und Bilanzierung von Abgängen bei Grundstücken darauf an, ob das Grundstück wirtschaftlich noch dem Veräußerer oder schon dem Vermögen des Übernehmers zuzurechnen ist.
Daraus folgt, dass der Sohn bereits mit dem Übergabevertrag und vor der eigentlichen zivilrechtlichen Eigentumsübertragung als wirtschaftlicher Eigentümer des bilanzierten Anteils anzusehen ist. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Übergabevertrags wurde das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven übertragen, auch der bilanzierte Grundstücksanteil sollte übertragen werden. Tatsächlich war der übergebene Betrieb auch ohne die einzige Zufahrt über dieses Grundstück nicht nutzbar und wurde die ganze Zeit über auch vom Sohn entsprechend genutzt.
Hinweis
Damit keine Zweifel über eine Mitübertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen bzw. Wirtschaf...