3.1 Vorliegen eines Rechnungsabgrenzungspostens
Rz. 28
Nach derzeitiger Handhabung kann ein bilanzierungsfähiger bzw. -pflichtiger Sachverhalt ohne Vorliegen der Vermögensgegenstands- oder Schuld- bzw. Wirtschaftsgutseigenschaft vor allem dann gegeben sein, wenn die Voraussetzungen für die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens erfüllt sind. Als Voraussetzungen für die Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten sind nach derzeitiger Handhabung anzusehen:
- Die Ausgabe liegt vor dem Aufwand: Maßgebend ist das Vorliegen eines Auseinanderfallens von Aufwand und Ausgabe, wobei – entsprechend der Ausgabendefinition – bereits das Entstehen einer Geldverbindlichkeit und nicht der Zahlungsvorgang ausreichend ist.
- Der Aufwand ist einer späteren Periode zuzurechnen: Damit erfolgt eine Präzisierung des ersten Merkmals dahingehend, dass der Aufwand in eine spätere Periode als die Ausgabe fallen muss. Dabei ist die Aufwandszurechnung entsprechend der empfangenen Gegenleistung vorzunehmen.
Der Aufwand muss für eine bestimmte Zeit erfolgen: Mit dem Kriterium der bestimmten Zeit wird die genaue Bestimmung des Zeitraums, für den die Vorauszahlung erfolgt, gefordert, d. h., die Bestimmbarkeit des Zeitraums – z. B. durch die versicherungsmathematisch errechnete Lebensdauer – reicht nicht aus. Die Einhaltung dieses Kriteriums ist auch gewährleistet,
- wenn sich der Aufwandszeitraum auf mehrere Jahre erstreckt,
- wenn die bestimmte Zeit erst in einem späteren Geschäftsjahr beginnt und
- wenn die Aufwendungen nicht periodisch wiederkehrend sind, d. h. regelmäßig anfallen.
Sie ist aber nicht gewährleistet, wenn keine exakte Bestimmung des Zeitraums, für den die Ausgabe getätigt wird, möglich ist. Damit soll verhindert werden, dass z. B. Ausgaben für einen einmaligen Werbefeldzug oder bestimmte einmalige Zuschüsse, die nicht als Vermögensgegenstand bzw. Wirtschaftsgut angesehen werden, quasi durch die Hintertür der Rechnungsabgrenzung doch bilanziell zum Vorschein kommen.
Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen müssen die transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten handelsrechtlich ausgewiesen werden. Sind die abzugrenzenden Beträge jedoch von geringfügiger Bedeutung, so kann entsprechend dem GoB der Wesentlichkeit ein gesonderter Ausweis unterbleiben, wenn dadurch der Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht beeinträchtigt wird.
Die Rechtsprechung bejaht die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten regelmäßig im Rahmen synallagmatischer Rechtsverhältnisse, bei denen Leistung und Gegenleistung zwar zeitbezogen sind, zeitlich aber auseinanderfallen wie z. B. bei vorausgezahlten Miet- und Pachtzinsen, Darlehenszinsen, Versicherungsprämien und anderen wiederkehrenden Leistungen. In einem jüngeren Urteil erachtete der BFH den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens auch im Fall eines Darlehens mit im Zeitablauf fallenden Zinssätzen für erforderlich (sog. Step-Down-Gelder). Schließich kann die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten aber auch öffentlich-rechtliche Ursachen haben, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung eine einem Synallagma vergleichbare Situation vorliegt (so bspw. im Fall vorausgezahlter KFZ-Steuern).
Rz. 29
Angesichts der mit § 250 Abs. 1 HGB annähernd identischen Definition der Rechnungsabgrenzung in § 5 Abs. 5 EStG ist eine grundsätzliche Gleichbehandlung der Rechnungsabgrenzungsposten in Handels- und Steuerbilanz geboten.
Allerdings wird es durch die Abschaffung des Wahlrechts zur Bildung der Rechnungsabgrenzungsposten im Sinne des § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB a. F. zukünftig aufgrund der unterschiedlichen Zeitpunkte der Aufwandsverrechnung zwingend zu divergierenden Ansätzen in Handels- und Steuerbilanz kommen. Zu Recht weist Beisse darauf hin, dass angesichts der Deckungsgleichheit der handels- und steuerrechtlichen Vorschriften und angesichts ihres zwingenden Charakters "der angeführten Judikatur und der bei ihr festgestellten Tendenz zunächst handelsrechtliche Bedeutung" zukommt. Damit zeigt sich angesichts fehlender handelsrechtlicher Rechtsprechung erneut die grundlegende Bedeutung der steuerlichen Rechtsprechung zumindest für Grenzbereiche handelsrechtlicher Fragen.
Die steuerliche Rechtsprechung orientiert sich grundsätzlich auch an dem handelsrechtlichen Kriterium des in einer späteren Periode als die Ausgabe liegenden und für eine bestimmte Zeit erfolgenden Aufwandes. Diese analog zum Handelsrecht enge Auslegung des Rechnungsabgrenzungspostens wird zum Teil noch weiter eingeengt, wenn der BFH die Aktivierungsfähigkeit von Vermittlungsprovisionen für Hypothekendarlehen als Rechnungsabgrenzungsposten ablehnt, weil sie nicht auf die Kreditlaufzeit bezogen sind.
Allerdings hat der BFH in seinem Urteil v. 19.1.1978 nicht nur die im Zusammenhang mit einer Darlehensaufnahme an die betreffende Bank gezahlten Verwaltungsgebühren, sondern auch die im Zusammenhang damit angefallenen Bürgschaftsgebühren für abgrenzbar gehalten, sodass eine generelle Eingrenzung der aktiven Rechnungsabgrenzungen nicht zu registrieren is...