Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Errichten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Einfamilienhaus auf einem Grundstück, das zivilrechtlich im Eigentum nur eines Partners steht, kann auch der andere als wirtschaftlicher Miteigentümer zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG berechtigt sein, wenn ihm für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nach zivilrechtlichen Grundsätzen ein Ausgleichsanspruch gegen den zivilrechtlichen Eigentümer in Höhe des hälftigen Verkehrswerts des Gebäudes zusteht.
Normenkette
§ 10e EStG
Sachverhalt
Der im Streitzeitraum noch nicht verheiratete Kläger errichtete zusammen mit seiner späteren Ehefrau auf deren Grundstück gemeinsam (einschließlich der Finanzierung) ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Das FA stellte mit Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen die Abzugsbeträge nach § 10e EStG sowie die abziebaren Vorkosten fest und rechnete sie ausschließlich der (späteren) Ehefrau zu.
Entscheidung
Die Voraussetzungen für einen Auseinandersetzungsanspruch des Klägers lägen vor. Der Kläger und seine spätere Ehefrau hätten durch die Errichtung der Familienwohnung einen gemeinschaftlichen Wert geschaffen. Das Gebäude habe nicht nur für die Dauer der Partnerschaft gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen auch gemeinsam gehören sollen. Die Finanzierung der hälftigen Herstellungskosten von mehr als 200 000 DM durch den Kläger sei auch als wesentlicher Beitrag im Sinn der BGH-Rechtsprechung zu werten.
Da jeder der Partner die Hälfte der Herstellungskosten getragen habe und Anhaltspunkte für eine anderweitige Beteiligungsquote nicht erkennbar seien, hätte der Kläger für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft einen Anspruch gegen seine spätere Ehefrau auf Zahlung des hälftigen Werts des Gebäudes gehabt, so dass sie trotz des zivilrechtlichen Eigentums wirtschaftlich nicht in vollem Umfang über das Gebäude habe verfügen können. Substanz und Ertrag des Gebäudes hätten ihr nur zur Hälfte zugestanden, so dass der Kläger im Streitjahr als wirtschaftlicher (Mit-) Eigentümer anzusehen sei und deshalb die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG im Umfang der von ihm erbrachten Aufwendungen habe in Anspruch nehmen können.
Hinweis
Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können als wirtschaftliche Miteigentümer eines Gebäudes im Umfang ihrer Miteigentumsquote die steuerliche Wohneigentumsförderung nach dem EigZulG oder wie im Streitfall nach § 10e EStG in Anspruch nehmen, wenn sie das Gebäude auf Dauer wie ein Miteigentümer (mit-) nutzen können und für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft einen Anspruch gegen den Grundstückseigentümer oder die Eigentümerin in Höhe des quotal auf sie entfallenden Verkehrswerts des Gebäudes haben. Ein solcher Ausgleichsanspruch außerhalb eines schuldrechtlichen Vertrags besteht allerdings nur ausnahmsweise, insbesondere dann, wenn die Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswerts von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung – z.B. einem als gemeinsames Vermögen betrachteten, aber auf den Namen eines Partners eingetragenen Anwesen – beigetragen haben.
In einem solchen Fall kann in entsprechender Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze ein Ausgleichsanspruch nach § 731 ff. BGB bestehen (z.B. BGH, Urteil vom 10.1.2000, II ZR 247/96, WM 2000, 522, m.w.N). Dabei sind die Regeln über die Auseinandersetzung von Innengesellschaften entsprechend anwendbar, nach denen der Berechtigte einen Auseinandersetzungsanspruch analog § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB hat (Hausmann, Ausgleichsansprüche nach Auflösung der Lebensgemeinschaft, Rz. 81, in Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 1999).
Der dinglich nicht berechtigte Partner ist daher auch an den Wertsteigerungen des Gegenstands während des Zusammenlebens beteiligt (BGH, Urteil vom 24.6.1985, II ZR 255/84, FamRZ 1985, 1232). Haben die Lebenspartner gemeinsam ein Gebäude geschaffen, ist für die Zwecke der Auseinandersetzung der Wert zu ermitteln, den das Gebäude im Zeitpunkt der Auflösung der Lebensgemeinschaft hat. Die Beteiligungsquote ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.7.2001, X R 15/01