[Ohne Titel]
StB Dipl.-Fw. Karl-Heinz Günther
Im Steuerrecht ist zwischen Festsetzungsverjährung und Zahlungsverjährung zu unterscheiden. Bei der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) geht es um die Verjährung des noch nicht festgesetzten Steueranspruchs. Dagegen unterliegen der Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) sämtliche Zahlungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO). Tritt Zahlungsverjährung ein, hat dies zur Folge, dass der Zahlungsanspruch und die von ihm abhängigen Zinsen (§ 232 AO) erlöschen. Der nachfolgende Beitrag informiert über die gesetzlichen Regularien und die Besonderheiten, die im Zusammenhang mit der Zahlungsverjährung zu beachten sind.
1. Gegenstand der Zahlungsverjährung
Zahlungsverjährung ist das Erlöschen von fälligen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) durch Ablauf der Verjährungsfrist (§ 47 AO). Durch die Verjährung erlöschen der Anspruch und die von ihm abhängigen Zinsen (§ 232 AO). Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen zu prüfen (BFH v. 7.2.2002 – VII R 33/01, BStBl. II 2002, 447).
Die Zahlungsverjährung umfasst sowohl die Ansprüche des Staats gegen den Steuerpflichtigen als auch die Ansprüche des Steuerpflichtigen gegen den Fiskus. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) sind z.B. der Steueranspruch selbst, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf steuerliche Nebenleistungen wie Verspätungszuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder, Kosten, sowie Steuervergütungsansprüche und Erstattungsansprüche, soweit sie durch Verwaltungsakte festgesetzt werden.
Der Zahlungsverjährung unterliegen grundsätzlich nur die festgesetzten Ansprüche. Ist eine Festsetzung jedoch nicht notwendig, z.B. bei den Säumniszuschlägen, so entsteht der Zahlungsanspruch bereits mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands.
Der Zahlungsverjährung unterliegt auch der Rückzahlungsanspruch bei irrtümlicher Doppelerstattung (§ 37 Abs. 2 AO). Da der Rückforderungsanspruch nicht erst mit seiner Festsetzung durch das FA, sondern bereits mit der ungerechtfertigten Auszahlung des entsprechenden Geldbetrags entsteht, gilt hier nicht die Frist für die Festsetzungsverjährung, sondern die Frist für die Zahlungsverjährung (BFH v. 25.2.1992 – VII R 8/91, BStBl. II 1992, 713).
Beraterhinweis Auch ohne Festsetzung des Zahlungsanspruchs des Steuerpflichtigen kann sich für diesen ein Erstattungsanspruch ergeben, der der Zahlungsverjährung unterliegt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn eine Steuerschuld zu Unrecht vollstreckt wird oder der Steuerpflichtige eine Zahlung doppelt geleistet hat.
2. Verjährungsfrist
Verlängerte Frist bei Steuerdelikten: Die Frist für die Zahlungsverjährung beträgt für alle Steuern einschließlich Vergütung sowohl für die Ansprüche des Staats als auch für die Ansprüche des Steuerpflichtigen einheitlich fünf Jahre (§ 228 S. 2 AO). Mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz v. 23.6.2017 (BStBl. I 2017, 865) wurde die Zahlungsverjährungsfrist in den Fällen der §§ 370, 373 oder 374 AO auf 10 Jahre verlängert. Diese gesetzliche Neuregelung gilt für alle am 24.6.2017 noch nicht abgelaufenen Zahlungsverjährungsfristen (Art. 97 § 14 Abs. 5 EGAO).
Beginn, Dauer und Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist sind für jeden Anspruch selbständig und unabhängig von anderen Ansprüchen gegen denselben oder einen anderen Schuldner. Daher verjährt der Hauptanspruch unabhängig von dem Anspruch auf die steuerliche Nebenleistung und umgekehrt sowie der Steueranspruch unabhängig von einem für diesen bestehenden Haftungsanspruch.
Bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, die zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind, richtet sich die Zahlungsverjährung nach den Vorschriften der AO und nicht nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften.
Wird die Festsetzung der Einkommensteuer geändert, ist im Umfang dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen, ohne dass bis dahin ggf. abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen. Beachten Sie: Eine Teil-Zahlungsverjährung sich aus früheren Steuerbescheiden ergebender Abschlusszahlungen tritt in solchen Fällen nicht ein (BFH v. 18.9.2018 – VII R 18/18, BFH/NV 2019, 107).
Die Frist für die Zahlungsverjährung eines Erstattungsanspruchs beginnt mit der Zahlung des zu erstattenden Betrags, wenn sich der Erstattungsanspruch auf eine rechtsgrundlose Zahlung, z.B. bei einem nichtigen Steuerbescheid, bezieht. § 229 Abs. 1 S. 2 AO ist insoweit nicht einschlägig (BFH v. 7.5.2013 – VII B 199/12, BFH/NV 2013, 1378).
Beraterhinweis Fällt das Ende der Verjährungsfrist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Verjährungsfrist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags (§ 108 Abs. 3 AO).
3. Beginn der Verjährung
Erstmalige Fälligkeit: Die Frist der Zahlungsverjährung beginnt grundsätzlich mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig ...