Leitsatz
Verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber dem Darlehensgeber zur Zahlung von Zinsausgleichszahlungen, ist steuerpflichtiger Arbeitslohn anzunehmen. Für die Anwendung der Verwaltungsanweisung (Abschn. 31 Abs. 8 LStR 1993 bis 1996) ist kein Raum.
Normenkette
§ 8, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger nahm im Januar 1994 bei einer Bank ein Baudarlehen über 120.000 DM zu einem Zinssatz von 6,85 % auf. Später änderten der Kläger und die Bank den Darlehensvertrag rückwirkend ab Juli 1994. Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses musste der Kläger nur noch 6 % Zinsen zahlen.
Im Oktober 1994 verpflichtete sich sein Arbeitgeber gegenüber der Bank, rückwirkend ab Juli 1994 0,85 % der Zinsen zu übernehmen. Die sog. Ausgleichszahlungen i.H.v. 358 DM waren jeweils halbjährlich im Voraus zu entrichten. Die Zinsübernahme des Arbeitgebers wurde nicht dem LSt-Abzug unterworfen.
Das FG gab der Klage statt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Steuerfreistellung nach Abschn. 31 Abs. 8 LStR a.F.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Die Ausgleichszahlungen stellten steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Eine Steuerfreistellung der Ausgleichszahlungen komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn Abschn. 31 Abs. 8 LStR 1993 ff. deshalb nicht anwendbar ist, weil die Bank unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen einen marktüblichen Zins erzielt und die Ermittlung des Zinsvorteils und damit die Bewertung i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG keine Schwierigkeiten bereitet.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil wurde auf Anregung der Finanzverwaltung erst nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt.
2. In den Streitjahren 1994 bis 1998 hatte die Finanzverwaltung in R 31 Abs. 8 LStR angeordnet, dass – wenn der Arbeitgeber oder aufgrund des Dienstverhältnisses ein Dritter dem Arbeitnehmer unverzinsliche oder zinsverbilligte Darlehen gewährt und soweit die Zinsvorteile nicht nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind – aus Vereinfachungsgründen
- die Zinsvorteile dann als Sachbezüge zu versteuern sind, wenn die Summe der noch nicht getilgten Darlehen am Ende des Lohnzahlungszeitraums 5.000 DM übersteigt, und
- Zinsvorteile anzunehmen sind, soweit der Effektivzins für ein Darlehen 6 % unterschreitet.
In R 31 Abs. 11 LStR 2005 findet sich derzeitig die gleiche Regelung allerdings mit abweichenden Aufgriffsgrenzen.
3. In der vorgenannten Verwaltungsanweisung, die der Bewertungsvereinfachung dient, hat die Finanzverwaltung u.a. den Fall vor Augen, dass ein Dritter dem Arbeitnehmer ein zinsverbilligtes Darlehen gewährt. Im Besprechungsfall erschien fraglich, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung von einem zinsverbilligten Darlehen ausgegangen werden konnte. Denn die – das Darlehen gewährende – Bank erzielte unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen durch den Arbeitgeber einen marktüblichen Zins von 6,85 %. Es lag nur die Besonderheit vor, dass die marktüblichen Zinsen – nach Umstellung der Verträge – teils vom Arbeitnehmer und teils vom Arbeitgeber getragen wurden.
Der BFH ließ in diesem Grenzfall auch offen, ob Sach- oder Barlohn anzunehmen ist. Einer Bewertungsvereinfachung bedarf es nicht bei Barlohn (Nominalwertprinzip), sondern nur bei Sachlohn. Der BFH ließ auch dahingestellt, ob der Besprechungsfall von der Verwaltungsanweisung gedeckt ist. Insoweit ist die Sicht bzw. das Verständnis der Verwaltung maßgebend.
Der BFH verneinte jedenfalls die für die Anwendung der Verwaltungsanweisung erforderlichen Vereinfachungsgründe, weil sich hier der Zinsvorteil ohne Schwierigkeiten ermitteln ließ.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.5.2006, VI R 67/03