Leitsatz
Ist für die Verwertung einer DVD, auf der ein Spielfilm gespeichert ist, eine Lizenzgebühr an den Filmproduzenten zu zahlen, so bestimmt sich der Zollwert solcher DVDs bei Anmeldung des an den in einem Drittland ansässigen Hersteller der DVDs nach Maßgabe der rein physikalischen Herstellungskosten zu entrichtenden Preises nicht ausschließlich nach diesem, sondern auch nach dem Anspruch des Produzenten auf Lizenzzahlungen. Dieser kann durch Schätzung nach Maßgabe der durchschnittlich für Spielfilm-DVDs an den Produzenten gezahlten Lizenzgebühren ermittelt werden (Anschluss an das Urteil des Senats vom 27.2.2007, VII R 25/06, BFHE 216, 459).
Normenkette
ZK Art. 29, 30, 31
Sachverhalt
Für aus Taiwan eingeführte DVDs mit Spielfilmen US-amerikanischer Studios sind Zollanmeldungen zur Abfertigung zum freien Verkehr abgegeben worden. Die DVDs sind von einer Schwestergesellschaft der Zollschuldnerin in Taiwan hergestellt worden. Dafür verwendet diese Spritzformen, welche die auf die DVDs zu speichernden Spielfilme enthalten und mithilfe der von den Filmproduzenten und Urheberrechtsinhabern unentgeltlich zur Verfügung gestellten Filmkopien von einem dritten Unternehmen (X) hergestellt und nach Taiwan geliefert werden. Die Zollschuldnerin hat die Aufgabe, die DVDs auf Mängelfreiheit zu untersuchen, sie einzeln zu verpacken und mit Informationsmaterialien zu versehen. Sie liefert sie dann auf der Grundlage der von den europäischen Tochterunternehmen der Filmproduzenten aufgegebenen Bestellungen an diese weiter. Dabei stellt sie den betreffenden Unternehmen den ihr von der X berechneten Preis in Rechnung, zuzüglich eines ebenfalls von dieser mit den Abnehmern ausgehandelten Preises für ihre eigene Tätigkeit.
Zwischen den vorgenannten Tochterunternehmen und deren Muttergesellschaften, den produzierenden Filmstudios, bestehen Lizenzverträge, mit denen jenen u.a. das Recht gewährt wird, die DVDs mit den Spielfilmen herzustellen, zu verkaufen und zu verleihen. Dafür zahlen sie an die Filmstudios Lizenzgebühren. In den von der Zollschuldnerin abgegebenen Zollanmeldungen sind die Zollwerte lediglich nach den der Schuldnerin von der X berechneten Preisen angegeben worden, welche nach Maßgabe des von der X an die taiwanesische Schwestergesellschaft der Schuldnerin gezahlten Preises zuzüglich eines Aufschlags berechnet sind. Das HZA ist jedoch der Ansicht, dass die Zollwerte nach der Schlussmethode zu ermitteln und dabei um die von den Abnehmern der DVDs an die Filmproduzenten durchschnittlich gezahlten Lizenzgebühren zu erhöhen seien. Die entsprechenden Berechnungen bzw. Ansätze beruhen auf dem Ergebnis von bei den vorgenannten europäischen Tochtergesellschaften durchgeführten Betriebsprüfungen, deren Berichte dem Kläger jedoch lediglich unter Schwärzung der beteiligten Firmen und der Filmtitel zugänglich gemacht worden sind.
Entscheidung
Der BFH hält die Zollwertfestsetzung des HZA für zutreffend und hat deshalb die Revision gegen das klageabweisende Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7.6.2011, 11 K 2758/10 (n.v.), HI 3447814, einstimmig als unbegründet angesehen.
Hinweis
Im Kaufpreis für eine bespielte DVD ist üblicherweise, ja notwendigerweise ein Anteil für das dem Filmproduzenten zustehende Entgelt für die gespeicherte Software – den betreffenden Film – enthalten. Freilich wird es nicht direkt vom Käufer an den Produzenten entrichtet, von dem der Privatkunde als Letztverbraucher die DVD ja nicht kauft. Es begreift sich aber, dass es im dringenden Interesse des Produzenten – als Inhaber des Urheberrechts – liegt, sicherzustellen, dass dieser an ein Entgelt für seine Leistung gelangt. Dies geschieht offenbar branchenüblich dadurch, dass die DVD von den vorgenannten Tochtergesellschaften als (Zwischen-)Händler nur an solche Käufer weiterverkauft werden, die ihrerseits dieses Entgelt entrichten – nämlich als Lizenzgebühr – oder die, soweit sie eine solche Lizenzgebühr nicht selbst zahlen, die Ware nur an Abnehmer weitergeben, die ihrerseits zur Entrichtung der Lizenzgebühr verpflichtet sind.
Das Urteil des BFH in BFHE 216, 459, ZfZ 2007, 124 betraf bereits einen solchen Fall (allerdings mit einer etwas anderen Vertragsgestaltung und deshalb einem etwas anders berechneten Preis für den Einführer, der jedoch ebenfalls die Lizenzgebühren nicht enthielt). Auch im Besprechungsfall waren sämtliche an der Herstellung und dem Verkauf der DVDs beteiligten Unternehmen verpflichtet, einen bestimmten Vertriebsweg einzuhalten, der im Ergebnis zu den europäischen Tochterunternehmen der amerikanischen Filmstudios führte, welche Lizenzgebühren entrichten mussten, wenn sie die DVDs an Endverbraucher verkauften oder verliehen. Bei einer solchen Berücksichtigung des gesamten wirtschaftlichen Vorgangs, wie sie auch das EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-1095 für geboten erklärt hat, kann nicht zweifelhaft sein, dass der von der Zollschuldnerin für die DVDs zu entrichtende Preis nicht als Zollwert der Einfuhrabfertigung zugrunde gelegt werden kann, s...