Leitsatz
1. Während die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unter § 7 Abs. 1 EStDV (seit 1999§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG) fällt, greift diese Norm bei der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs nicht ein (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl II 2019, 730, Rz 40).
2. Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs führt beim Übertragenden im Fall der Fortführung der gewerblichen Verpachtungstätigkeit nicht zu einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, sondern zur Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter. Der Vorbehaltsnießbraucher führt den verpachteten Gewerbebetrieb infolge der fehlenden Einstellung seiner gewerblichen Verpachtungstätigkeit fort.
3. Beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers geht --vorbehaltlich einer zuvor von ihm abgegebenen Aufgabeerklärung-- sein dann weiterhin bestehender gewerblicher Verpachtungsbetrieb nach § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auf den Erwerber (Erben) über. Zu diesem Zeitpunkt werden die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt.
4. § 48 FGO i.d.F. des Art. 27 des Kredit-zweitmarktförderungsgesetzes gilt auch für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 01.01.2024 bereits anhängige Klageverfahren.
Normenkette
§ 6 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 4, Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG; § 7 Abs. 1 EStDV, § 48 FGO i.d.F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes
Sachverhalt
Der Vater (V) der Klägerin und des Beigeladenen (B) war u. a. Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Hotel befindet. V betrieb das Hotel zunächst selbst; anschließend wurde es von ihm verpachtet. Aus der Verpachtung erzielte V bis zum 31.12.1995 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 28.12.1995 übertrug V u. a. das Hotelgrundstück zu je hälftigem Miteigentum im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seine Kinder. In dem Vertrag wurde zugunsten des V ein Nießbrauchsrecht an allen Grundstücken vereinbart. Die Klägerin gab ihre Willenserklärung (auch) als vollmachtlose Vertreterin des B ab. Mit weiterem, nicht notariell beurkundetem Vertrag vom 28.12.1995 vereinbarten V und seine Kinder unter Bezugnahme auf den vorbezeichneten Schenkungsvertrag, dass V den Hotelbetrieb mit Wirkung zum 31.12.1995 unentgeltlich mit sämtlichen Aktiva und Passiva auf seine Kinder übertrage. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 26.1.1996 genehmigte B die von der Klägerin für ihn abgegebenen Erklärungen. Zudem wurde in dieser Urkunde der notarielle Vertrag vom 28.12.1995 dahin gehend geändert, dass V auf die Einräumung der Nießbrauchrechte an den Übertragungsobjekten verzichtete und stattdessen eine an ihn zu zahlende monatliche Rente vereinbart wurde. (Nur) Die Rentenverpflichtung wurde als Reallast in das Grundbuch eingetragen. V verstarb 1998. Für die im April 1998 aus der Klägerin und B bestehende GbR wurden für das Jahr 1996 aus dem verpachteten Hotelbetrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt; im beigefügten Jahresabschluss wurden die Buchwerte des V fortgeführt. In den Folgejahren wurden entsprechende Feststellungserklärungen für die GbR abgegeben. Für V wurden bis zu seinem Tod monatliche Rentenzahlungen erklärt und versteuert. 2012 setzten sich die Klägerin und B auseinander; die Klägerin teilte dem FA mit, dass die GbR durch ihr Ausscheiden aufgelöst worden sei. Das FA stellte im Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 2012 erklärungsgemäß (u. a.) einen Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von rd. 216.000 EUR fest. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, die GbR habe im Streitjahr Einkünfte aus VuV erzielt, sodass ein steuerfreies Veräußerungsgeschäft und keine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtige Veräußerung vorliege. Die Verträge von 12/1995 und 1/1996 seien getrennt zu beurteilen. Aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs sei das Betriebsgrundstück entnommen worden. Es sei zu einer Zwangsbetriebsaufgabe gekommen. Das FG (FG Bremen, Urteil vom 5.12.2018, 1 K 93/18 (5), Haufe-Index 13881140, EFG 2020, 1126) wies die Klage ab.
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, da sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen lasse, ob der Veräußerungsgewinn der Klägerin in zutreffender Höhe ermittelt worden sei. Die Beteiligten hätten zwar mit Wirkung zum 31.12.1995 zivilrechtlich keine Betriebsübertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs vereinbart, sondern eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen. Das FG habe aber keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen des Sonderrechtsinstituts einer Über...