Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Ein ausgebildeter Heilpraktiker, der zu betreuenden Personen mit seinem Unternehmen betreutes Wohnen als Gesamtleistung anbietet, wozu auch Einzelgespräche mit den Betreuten gehören, ist gewerblich tätig.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige bietet erwachsenen Menschen mit einer psychischen Erkrankung, einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder einer chronischen Suchterkrankung Unterstützung bei einer selbstbestimmten Lebensführung an. Bei den Patienten handelt es sich um kranke Personen, die in ihrer Wohnung betreut werden müssen. Sie sind nicht mehr in der Lage, sich allein in ihrer Wohnung zu versorgen. Der Steuerpflichtige beschäftigt hierzu Fachkräfte, insbesondere Altenpfleger und Erzieher. Er selbst ist nach seiner Ausbildung Diplom Sozialarbeiter, Diplom Kunsttherapeut und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er ist der Auffassung, die Tätigkeit sei freiberuflich im Sinne § 18 EStG, während das Finanzamt von einer gewerblichen Tätigkeit ausgeht.
Entscheidung
Die Tätigkeit des Heilpraktikers als heilberufliche Tätigkeit im Sinne von § 18 EStG ist mit den Tätigkeiten eines Arztes, Dentisten und Krankengymnasten insoweit vergleichbar, als dass das Ausüben der Heilkunde jede berufs- oder erwerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden am Menschen erfasst. Erforderlich sind ärztliche Kenntnisse im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder auch für die Feststellung, ob im Einzelfall eine Behandlung begonnen werden darf. Im Streitfall führte der Steuerpflichtige jedoch ein Unternehmen, das betreutes Wohnen als Gesamtleistung anbietet, wozu unter anderem auch Einzelgespräche mit ihm gehören. Hierin sieht das FG keine heilpraktische Tätigkeit, sodass eine gewerbliche Tätigkeit vorlag und es auf die weiteren Kriterien des § 18 EStG nicht ankam.
Hinweis
Das FG stellte klar, dass allein die Ausbildung in einem Katalogberuf nicht ausreicht, um jede der Tätigkeiten des Steuerpflichtigen auch als solche des Katalogberufs einzustufen. Denn die im Streitfall zur Verfügung gestellten bzw. angebotenen Leistungen erfüllten nicht die Kriterien einer selbstständigen/heilenden Tätigkeit oder die eines Heilpraktikers, sodass diese insgesamt nicht als solche den Einkünften aus § 18 EStG zuzurechnen sind. Außerdem fehlte es an der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, der seine Patienten nach 4 Wochen an seine Mitarbeiter abgibt und damit keinen Einfluss mehr auf den weiteren Fortgang der Behandlung nimmt.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Gerichtsbescheid vom 04.03.2022, 6 K 1883/21