OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 21.11.2013, S 2134 - St 151 (01/2007)
1. Rechtsgrundlagen
Durch die Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20.2.2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 58/1) haben sich ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 die Rahmenbedingungen des Zuckermarktes grundlegend geändert. Die neue Zuckermarktordnung, die im Wesentlichen das Zusammenfassen der A- und B-Quote zu einer einheitlichen Grundquote, die Schaffung eines Restrukturierungsfonds zur Rückgabe von Quoten gegen Erhalt einer einmaligen Umstrukturierungshilfe sowie die Ausgabe von zusätzlichen Zuckerquoten zur Umwandlung von bisher produziertem und nicht vermarktetem C-Zucker in Quotenzucker vorsieht, tritt nach Art. 46 der EG-Verordnung mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 2014/2015 außer Kraft.
2. Ertragsteuerliche Behandlung von Zuckerquoten
Zuckerquoten stellen immaterielle Wirtschaftsgüter dar, da der Zuckerunternehmer durch deren Zuteilung einen vermögenswerten Vorteil erlangt, dem im Geschäftsverkehr ein selbständiger Wert beigelegt wird und der – allein oder mit dem Betrieb – verkehrsfähig ist (vgl. BFH-Urteil vom 26.8.1992, BStBl 1992 II S. 977).
Werden Zuckerquoten entgeltlich erworben, sind diese nach § 248 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 2 EStG mit den Anschaffungskosten als immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu bilanzieren. Dies gilt insbesondere für den Kauf zusätzlicher Quoten im Wirtschaftsjahr 2006/2007 nach der neuen Zuckermarktordnung.
Zuckerquoten, die ein und demselben Zuckerhersteller für die Produktion von Zucker zur Verfügung stehen – gleichgültig, ob diese originär zugeteilt oder entgeltlich erworben wurden -, sind als einheitliches Wirtschaftsgut zu beurteilen.
Nach dem Urteil des BFH vom 16.10.2008 (BFH/NV 2009 S. 723) handelt es sich bei entgeltlich erworbenen betriebsgebundenen Zuckerrübenlieferrechten um immaterielle Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, deren Nutzungsdauer von der Gültigkeitsdauer der Zuckermarktordnung abhängt. Die Abschreibung von Zuckerquoten ist in Anlehnung an dieses Urteil ebenfalls zulässig. Für die einmalig im Wirtschaftsjahr 2006/2007 entgeltlich erworbenen Zuckerquoten kann daher ein Nutzungszeitraum von neun Jahren zugrunde gelegt werden.
Umstrukturierungsbeihilfen, die der Zuckerhersteller für die Rückgabe von Zuckerquoten an den Umstrukturierungsfonds bis zum Wirtschaftsjahr 2009/2010 erhält, sind abzüglich der an die Zuckerrübenanbauer auszuzahlenden Teile dieser Beihilfe in einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen und bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 2014/2015 aufzulösen.
3. Ertragsteuerliche Beurteilung von Zuckerrübenlieferrechten
Zuckerrübenlieferrechte stellen ebenso wie die Zuckerquoten immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dar, die, soweit sie entgeltlich erworben wurden, mit den Anschaffungskosten zu aktivieren sind (vgl. Tz. 2).
Entgegen der bisher vertretenen Verwaltungsauffassung stellen Zuckerrübenlieferrechte (vgl. auch Urteil des BFH vom 16.10.2008, BFH/NV 2009 S. 723) immaterielle Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens dar. Dies gilt sowohl für an den Betrieb als auch für an Aktienbesitz gebundene Zuckerrübenlieferrechte erstmals für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 bis zum Auslaufen der Zuckermarktordnung im Wirtschaftsjahr 2014/2015. Für entgeltlich erworbene Zuckerrübenlieferrechte ist daher der Restbuchwert linear auf die Restnutzungsdauer abzuschreiben (maximal sieben Jahre). Eine längere Nutzungsdauer ist selbst dann nicht anzunehmen, wenn der Zuckerhersteller den Zuckerrübenanbauern den Fortbestand der Liefermöglichkeit über das Wirtschaftsjahr 2014/2015 hinaus zusichert.
Originär zugeteilte und entgeltlich erworbene Lieferrechte derselben Zuckerfabrik verbinden sich ebenfalls wie die Zuckerquoten zu einem einheitlichen Wirtschaftsgut.
Die jährlich zu ermittelnde AfA nach § 7 Abs. 1 EStG ist für entgeltlich erworbene Lieferrechte erstmals in Bilanzen zu berücksichtigen, die nach dem Bekanntwerden des Urteils vom 16.10.2008 am 1.4.2009 aufgestellt werden.
Für bis zum Bekanntwerden des Urteils eingereichte Bilanzen besteht nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Möglichkeit der Bilanzberichtigung i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG, da die Bilanzen subjektiv richtig bleiben.
Hat der Steuerpflichtige durch entsprechende Dokumentation (Bilanzierung und ggf. Rechtsbehelf oder Antrag auf abweichenden Ansatz i.S.d. R 4.4 Abs. 1 Sätze 6 – 8 EStR 2008) für vorangegangene Jahre angezeigt, dass er einen von der Finanzverwaltung abweichenden Bilanzansatz für richtig gehalten hat, so sind jedoch für das zurückliegende und die nachfolgenden Wirtschaftsjahre Bilanzberichtigungen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmen.
Sowohl für die von den Zuckerherstellern an die Zuckerrüben produzierenden Landwirte auszuzahlenden Teile der Umstrukturierungsbeihilfe als auch für die von Zuckererzeugern an die Zuckerrübenanbauer ausgezahlten Frachtprämien können passive Re...