Leitsatz

Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen (a. A. BMF, Schreiben v. 12.5.2014, BStBl 2014 I S. 860).

 

Sachverhalt

Gesetzliche Regelungen

Tantiemen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Ihre Besteuerung setzt allerdings voraus, dass sie als sonstiger Bezug dem Arbeitnehmer nach § 11 Abs. 1 Satz 4, § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG zugeflossen sind.

Sachverhalt: Tantieme weder ausgezahlt noch in Jahresabschluss erfasst

Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Nach § 3 des Geschäftsführervertrags erhält er für seine Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt. Des Weiteren ist ihm darin eine Tantieme i. H. v. 20 % des Jahresgewinns zugesagt, die einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung zu zahlen und der Höhe nach auf maximal 30 % der Festvergütung begrenzt ist.

Die vereinbarten Tantiemen wurden dem Kläger in den Streitjahren (2015 bis 2017) weder ausgezahlt noch hat die GmbH in den Jahresabschlüssen entsprechende Passivposten gebildet.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gab der Kläger Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ohne Tantiemen an. Das Finanzamt (FA) veranlagte ihn zunächst erklärungsgemäß.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH ging das FA davon aus, dass auch die nicht ausgezahlten Tantiemen jeweils in der vereinbarten Höhe von 20 % des Gewinns des Vorjahres vom Kläger als Arbeitslohn zu versteuern seien, und änderte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjähre insoweit als es den Arbeitslohn des Klägers in den Jahren 2015 bis 2017 erhöhte. Denn bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer gälten Tantiemen zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als zugeflossen. Ob sie tatsächlich ausgezahlt worden seien, sei unerheblich, da es der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst in der Hand habe, sich die Tantiemen auszahlen zu lassen.

FG gibt Klage statt

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt. Vereinbarte, aber nicht ausgezahlte Tantiemen flössen auch einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, wenn bei der Gesellschaft keine entsprechende Verbindlichkeit passiviert worden sei und sich die Tantiemen deshalb weder in den Streitjahren noch in späteren Zeiträumen mindernd auf das Einkommen der Gesellschaft ausgewirkt hätten.

 

Entscheidung

Revision des FA begründet

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die dem Kläger nicht ausgezahlten Tantiemen in den Streitjahren als Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit anzusetzen sind.

Zeitpunkt des Zuflusses von Einnahmen

Nach ständiger Rechtsprechung trete der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Das sei i. d. R. der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs. Geldbeträge flössen danach zu, wenn sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben würden.

Der BFH gehe zudem in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift vorliegen könne. Danach flössen dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen "seine" Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Denn ein beherrschender Gesellschafter habe es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig sei. Allerdings würden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schulde und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt hätten. Fällig werde der Anspruch auf Tantiemen erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbarten.

Zufluss bei Verzicht und verdeckter Einlage

Überdies könne der Verzicht des Gesellschafters auf seinen Vergütungsanspruch zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht werde.

Eine verdeckte Einlage liege nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwende, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhalte, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis habe. Letztere Voraussetzung s...

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