Leitsatz

1. Bei einem Aktienerwerb fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil in dem Zeitpunkt zu, in dem der Anspruch auf die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird.

2. Zivilrechtliche Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit dem vom Arbeitnehmer angestrebten Verkauf der Aktien und der Verwendung des Veräußerungserlöses stehen dem Zufluss des geldwerten Vorteils nicht entgegen.

*Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 8 Abs.1 und Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs.1, § 19 Abs.1 Nr.1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Z-GmbH angestellt. Von der ausländischen Muttergesellschaft erhielt der Kläger im Jahr 1998 im Rahmen eines Beteiligungsprogramms für Mitarbeiter rd. 3.000 nicht handelbare Aktienoptionen zu einem Optionspreis von rd. 43 DM pro Aktie. Aufgrund einer Optionsvereinbarung musste der Erlös aus dem Verkauf der durch die Ausübung der Option erworbenen Aktien zuerst u.a. zur Rückzahlung des Darlehens zum Erwerb der Aktien sowie zur Tilgung der Darlehenszinsen verwendet werden. Hierzu gab der Arbeitnehmer für den Fall des Verkaufs der Aktien einen unwiderruflichen Zahlungsauftrag an die A-Bank. Die Aktienoptionen übte der Kläger zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus, u.a. im Streitjahr 2000.

Das FA erfasste bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit einen Betrag i.H.v. rd. 400.000 DM als geldwerten Vorteil. Das FG wies die Klage ab

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG. Das FG habe zu Recht entschieden, dass der Kläger durch die verbilligte Überlassung der Aktien Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt habe, die ihm auch im Streitjahr zugeflossen seien.

Es seien jedoch noch Feststellungen zur Höhe des geldwerten Vorteils zu treffen. Entgegen der Auffassung des FG sei beim Zufluss der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die Aktien in das Depot des Klägers bei der A-Bank eingebucht worden seien.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung kann sich zur Frage des Zuflusses von Arbeitslohn bei Aktienoptionen zunächst auf Bekanntes stützen: Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein.

Bei einem Aktienerwerb fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil in dem Zeitpunkt zu, in dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird, sog. Endbesteuerung (vgl. auch BFH-Urteile vom 20.6.2001, VI R 105/99, BFH-PR 2001, 336; vom 23.6.2005, VI R 124/99, BFH-PR 2005, 367 zu Wandelschuldverschreibungen; vom 23.6.2005, VI R 10/03, BFH-PR 2005, 368 zu Wandeldarlehen).

2. Streitig war in der Besprechungsentscheidung, ob ein Zufluss (von Aktien aufgrund von Optionen) deshalb zu verneinen ist, weil zulasten des Arbeitnehmers bestimmte Beschränkungen bezüglich der bereits bezogenen Aktien bestanden. Dies hat der BFH zutreffend verneint. Übt ein Arbeitnehmer sein Optionsrecht aus und wird die Optionszusage erfüllt, so erlangt er einen geldwerten Vorteil in Form der Aktien als Arbeitslohn. Dieser Umtausch ist eine Verfügung, die nur dann möglich ist, indem die Aktien als i.S.d. § 11 EStG zugeflossen angesehen werden. Mit der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers bei der Bank fließt der geldwerte Vorteil zu.

Im Übrigen konnte sich der BFH im Streitfall auch auf ältere Rechtsprechung stützen. Bereits früher hatte er entschieden, dass es einem Zufluss nicht entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer als zivilrechtlicher Eigentümer (Inhaber) die (im Streitfall bereits bezogenen und auch dividendenberechtigten) Aktien für eine bestimmte Zeit nicht weiterveräußern kann oder wenn die Veräußerung nur mit Zustimmung eines Dritten möglich ist. Gleiches gilt für zivilrechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Verwendung des Veräußerungserlöses.

Fazit: Beschränkungen im Nutzungsbereich bzw. Verwendungsauflagen und -bestimmungen bezüglich des Veräußerungserlöses betreffen nicht die Frage des Zuflusses von Einkünften, sondern den Bereich der Einkommensverwendung.

3. Eine ganz andere Frage ist, wie der geldwerte Vorteil im Zeitpunkt des Zuflusses zu bewerten ist. Wertmindernde Umstände sind grundsätzlich zu beachten. Im Streitfall musste sich der BFH hierzu nicht äußern. Er hatte allerdings Anlass darauf hinzuweisen, dass es für die Frage des Zuflusses nicht auf den Kurs der Aktien im Zeitpunkt der Ausübung der Option, sondern auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt. Entscheidend ist also der Kurs im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers bei der Bank (vgl. Urteil vom 23.6.2005, VI R 10/03, BFH-PR 2005, 368).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.2.2007, VI R 73/04

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