Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
1. Leistet ein Unternehmer einen "Zuschuss" zu den Bewirtschaftungskosten seiner von einem Dritten (Caterer) in dessen Namen und für dessen Rechnung betriebenen Betriebskantine, kann der "Zuschuss" Entgelt für eine vom Unternehmer bezogene Eingangsleistung "Kantinenbewirtschaftung" sein (entgegen Abschn. 1.8. Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStAE).
2. Der Unternehmer ist aus einer von ihm bezogenen Leistung "Kantinenbewirtschaftung" nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese Leistung ausschließlich dazu dienen soll, als sog. unentgeltliche Wertabgabe seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.
Normenkette
§ 3 Abs. 9a Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, Art. 6 Abs. 2 6. EG-RL, Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Eine GmbH hatte die Bewirtschaftung ihrer Betriebskantine durch schriftlichen Vertrag der Beigeladenen übertragen. Diese betrieb die Kantine im Rahmen eines gemeinsam verabschiedeten Budgets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Öffnungszeiten und Grundkonzept für die Angebotspalette ergaben sich aus dem Bewirtschaftungsvertrag. Die Beigeladene hatte vertraglich festgelegte Abgabepreise zu beachten. Die GmbH stellte der Beigeladenen die für die Bewirtschaftung notwendigen Räume, deren Einrichtungen sowie das Groß‐ und Kleininventar kostenlos zur Verfügung und sorgte für den Unterhalt der Räume und des Inventars sowie alle erforderlichen Reparaturen. Darüber hinaus stellte sie die für den gesamten Betriebsgastronomiebereich notwendige Energie kostenlos zur Verfügung.
Die Beigeladene versorgte die Belegschaft der GmbH gegen Barzahlung mit warmem Mittagessen, warmer und kalter Zwischenverpflegung, Backwaren, Süßwaren, Artikeln des täglichen Bedarfs sowie mit kalten und heißen Getränken.
Sie stellte der GmbH vereinbarungsgemäß monatlich eine "Bewirtschaftungspauschale" sowie eine "Personalkostenpauschale" – jeweils zzgl. Umsatzsteuer – in Rechnung.
Das FA vertrat die Auffassung, dass der GmbH hinsichtlich der an die Beigeladene gezahlten Zuschussbeträge kein Vorsteuerabzug zustehe, weil insoweit kein Leistungsaustausch angenommen werden könne.
Die Klage hatte Erfolg (FG Nürnberg vom 22.11.2011, 2 K 1408/2008, Haufe-Index 2937388).
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Zwar sei die Würdigung des FG, dass die GmbH Empfängerin einer von der Beigeladenen erbrachten Leistung "Kantinenbewirtschaftung" sei, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ein Vorsteuerabzug scheide jedoch aus, weil die GmbH bereits bei Bezug dieser Leistung beabsichtigte, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG an ihre Arbeitnehmer zu verwenden.
Hinweis
Eine der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ist, dass der Unternehmer Leistungsempfänger ist. Das ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (Schuldverhältnis) als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Nicht maßgeblich ist dagegen u.a., wem die empfangene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist oder wer sie bezahlt hat. Die bloße Übernahme der Kosten einer Leistung an einen Dritten führt nicht zum Recht auf Vorsteuerabzug des Zahlenden.
Der Vorsteuerabzug setzt ferner u.a. voraus, dass der Unternehmer die von ihm bezogenen Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. Ein Unternehmer, der bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. v. § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.1.2014 – XI R 4/12