Vorsteuerabzug für eine betriebliche Weihnachtsfeier

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sog. Betriebsveranstaltungen, ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Der Vorsteuerabzug für sog. Aufmerksamkeiten richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Sachverhalt: Kläger begehrt Vorsteuerabzug für betriebliche Weihnachtsfeier

Im Dezember 2015 führte der Kläger eine Weihnachtsfeier durch. Zu der Veranstaltung waren alle Arbeitnehmer der Bereiche Vorstand, Steuerabteilung, Rechtsabteilung sowie Innendienst der Prüfungsabteilung, jeweils inklusive der Leitungen, eingeladen. 32 Arbeitnehmer meldeten sich für die Weihnachtsfeier an. 31 Personen nahmen tatsächlich an der Veranstaltung teil.

Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Hierbei bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von 2 Köchen gemeinsam das Abendessen zu, welches sie dann gemeinsam verzehrten.

Mit Rechnung vom 21.12.2015 wurden dem Kläger für das „Kochevent für 32 Personen“ Aufwendungen i. H. v. 3.919,90 EUR zzgl. 744,78 EUR Umsatzsteuer berechnet.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Umsatzsteuer als Vorsteuer mit der Begründung ab, dass Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst seien, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 EUR (inklusive Umsatzsteuer) überstiegen. In solchen Fällen entfalle sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe.

Das FG hat entschieden, dem Kläger stehe der begehrte Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 nicht zu, denn die im Rahmen der Weihnachtsfeier bezogenen Leistungen seien nicht für dessen Unternehmen ausgeführt worden. Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern stellten grundsätzlich eine Leistung für den privaten Bedarf des Personals dar, die Verbesserung des Betriebsklimas als nur mittelbar verfolgter Zweck genüge insoweit nicht. Etwas Anderes folge auch nicht aus der Beurteilung von „Aufmerksamkeiten“ i. S. v. § 3 Abs. 9a UStG.

Entscheidung: BFH gibt Finanzamt Recht

Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt und nachfolgend das FG den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Eingangsleistungen für die Weihnachtsfeier 2015 zu Recht versagt haben.

Unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatzes entscheidend

Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen, wobei wie folgt zu unterscheiden ist:

  • Besteht der erforderliche Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers, die steuerpflichtig sind (gleichgestellt: Umsätze im Sinne von § 15 Abs. 3 UStG), ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt.
  • Besteht dieser Zusammenhang demgegenüber nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme i. S. v. § 3 Abs. 9a UStG (oder § 3 Abs. 1b UStG), besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

Leistungen für sog. Betriebsveranstaltungen

Für den Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang die hierfür bezogenen Leistungen ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Dient eine Betriebsveranstaltung lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH, Urteil v. 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53).

Handelt es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine „Aufmerksamkeit“ im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden (BFH, Urteil v. 9.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53, Rz 35 bis 39).

Vorliegend war die Weihnachtsfeier nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines „Kochevents“, bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige „Teambuilding-Events“ sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Die Teilnehmer arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, lernen sich dabei besser kennen und entwickeln so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann.

Obwohl der Kläger nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird dieses Recht durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt.

Die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier stellen auch keine „Aufmerksamkeiten“ i. S. d. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar, weil die Freigrenze von 110 EUR pro Arbeitnehmer überschritten ist.

Hinweis: Einkommensteuerliche Änderungen bei Betriebsveranstaltungen sind für Umsatzsteuer nicht anzuwenden

Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen) durch § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG ist bei der Einkommensteuer an die Stelle der Freigrenze von 100 EUR ein Freibetrag von 110 EUR getreten. Diese einkommensteuerrechtlichen Änderungen können – trotz einer vergleichbaren Interessenlage bei der Behandlung von Betriebsveranstaltungen – nach Auffassung des BFH für die umsatzsteuerliche Beurteilung von „Aufmerksamkeiten“ nicht übernommen werden.

BFH Urteil vom 10.05.2023 - V R 16/21 (veröffentlicht am 27.07.2023)

Alle 27.07.2023 veröffentlichten BFH-Entscheidungen


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