Leitsatz
1. Wenn ein Unternehmer nachweisbar beabsichtigt, Bauleistungen für steuerpflichtige Vermietungsumsätze zu verwenden, entsteht das Recht auf sofortigen Abzug der ihm dafür gesondert berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuer im Besteuerungszeitraum des Bezugs der Bauleistungen.
2. Die Aufgabe der Absicht, die empfangenen Bauleistungen für steuerpflichtige Vermietungsumsätze zu verwenden, im folgenden Besteuerungszeitraum, führt nicht rückwirkend zum Wegfall des Vorsteuerabzugsanspruchs. Vielmehr kann die Absichtsänderung zur Vorsteuerberichtigung führen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG , Art. 17. EG-RL , Art. 20 6. EG-RL , § 90a FGO
Sachverhalt
Die Klägerin hatte ein Grundstück erworben, das nach dem Bebauungsplan nur gewerblich genutzt werden durfte. Sie wollte es mit Appartements bebauen. Diese sollten nach steuerpflichtiger Veräußerung durch einen Zwischenvermieter als Boardinghaus benutzt werden. Das Projekt scheiterte; ein Teil der Wohnungen wurde steuerfrei verkauft; manche standen leer, manche wurden vom Zwangsverwalter zu Wohnzwecken vermietet. Die Klägerin machte erfolglos die Vorsteuern für die Teileigentumseinheiten geltend, die nicht als Wohnungen vermietet und nicht an Dritte (steuerfrei) veräußert worden waren.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf und wies die Sache wegen eines Verfahrensfehlers an das FG zurück. Der – an sich zulässige – Erlass eines Gerichtsbescheids mit Revisionszulassung (§ 90a FGO) ist verfahrensfehlerhaft, wenn das FG selbst den Beteiligten weiteren Aufklärungsbedarf signalisiert hat. Für das weitere Verfahren hat der BFH dem FG aufgegeben zu prüfen, wie lange die Absicht zur steuerpflichtigen Verwendung (noch) bestand und – soweit diese nicht mehr belegt werden kann – den Umfang der Vorsteuerberichtigung zu prüfen.
Hinweis
Für Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Eingangsleistungen ist bei richtlinienkonformer Anwendung von § 15 Abs. 1 und 2 UStG maßgebend, ob der Unternehmer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, also mit der Lieferung eines Gegenstands oder der Ausführung einer Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer; der Steuerpflichtige braucht daher die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten.
Solange noch keine Umsätze ausgeführt worden sind, kommt es allein auf die – objektiv belegte – Absicht des Unternehmens zur steuerpflichtigen/vorsteuerschädlichen Verwendung an. Die spätere tatsächliche Verwendung berührt den einmal entstandenen Vorsteueranspruch nur, soweit dies eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG erfordert.
Bei einer Grundstücksveräußerung ist für den Vorsteuerabzug entscheidend, ob der Unternehmer das Grundstück steuerfrei liefern wollte (kein Vorsteuerabzug) oder die Absicht hatte, es – unter den Voraussetzungen des § 9 UStG – steuerpflichtig zu liefern (Vorsteuerabzug); vorausgesetzt ist stets, dass hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür belegt werden, dass eine spätere Verwendung unter Verzicht auf die Steuerbefreiung objektiv möglich war. Auf die – spätere – tatsächliche Verwendung darf das FA auch in einem solchen Fall nicht abstellen.
Solange die objektiv belegte Absicht besteht, darf die Vorsteuer aus den jeweiligen Leistungsbezügen sofort geltend gemacht werden. Ändert der Steuerpflichtige die Absicht, so führt dies – nicht anders wie bei der Änderung der tatsächlichen Nutzung gegenüber der vorherigen tatsächlichen Nutzung – für bereits abziehbare Vorsteuer allenfalls zu einer Vorsteuerberichtigung. Die vorhandene Absicht ist eine innere Tatsache, die nicht rückwirkend wegfällt, wenn sie später aufgegeben wird.
Die Aufgabe der Absicht, mit den Eingangsleistungen besteuerte Umsätze auszuführen, und die neue Absicht, sie für steuerfreie Umsätze zu verwenden, führt nicht zum rückwirkenden Wegfall der Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs (keine Tatsache mit steuerlicher Rückwirkung, keine Änderung nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum der Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs zulässig).
Hat ein Unternehmer auf die Steuerfreiheit Vermietung eines Grundstückes verzichtet und macht er diesen Verzicht durch Erteilung einer berichtigten Rechnung ohne Umsatzsteuer bis zur Bestandskraft seiner Steuererklärung rückgängig, wirkt zwar die Rückgängigmachung auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück (BFH, Urteil vom 1.2.2001, V R 23/00, BFH-PR 2001, 226).
Diese Grundsätze gelten nicht, solange noch keine tatsächlichen Verwendungsumsätze vorliegen: Bis zur tatsächlichen Verwendung eines Wirtschaftsguts ist nur die Absicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs und deshalb auch nur die Folgen einer Änderung der Absicht maßgeblich. Die Änderung der Absicht führt ggf. nur zu einer Vorsteu...