Leitsatz
1. Das Zuordnungswahlrecht gilt nur für die Herstellung und Anschaffung von Gegenständen.
2. Der Bezug von sonstigen Leistungen wird vom Zuordnungswahlrecht nicht umfasst; diese sind entsprechend der (beabsichtigten) Verwendung gemäß § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 und 4, § 15a Abs. 1 UStG, Art. 168 EG-RL 112/2006
Sachverhalt
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Gebäudes mit einer Haupt- und einer Einliegerwohnung. Sie nutzt die Hauptwohnung zusammen mit ihrem Ehemann für private Wohnzwecke. Die Klägerin vermietete zunächst nur die Einliegerwohnung mit einem Anteil von 20 % an der Gesamtwohnfläche steuerpflichtig an ihren Ehemann zum Betrieb dessen Steuerberaterpraxis. Sie ordnete das gesamte Gebäude bei Fertigstellung ihrem Unternehmen zu, machte den vollen Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten geltend und versteuerte die Privatnutzung der Hauptwohnung als unentgeltliche Wertabgabe.
Ab 1.1.2007 vermietete die Klägerin das gesamte Gebäude steuerpflichtig an ihren Ehemann, ohne dass es zu einer Nutzungsänderung kam. Sie beendete die Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe. Der Ehemann der Klägerin ordnete das Nutzungsrecht an dem Gebäude insgesamt seiner Steuerberaterpraxis zu und machte den vollen Vorsteuerabzug aus der Anmietung geltend. Hinsichtlich der privat genutzten Hauptwohnung versteuerte nunmehr er eine unentgeltliche Wertabgabe. Das FA erkannte den Verzicht der Klägerin auf die Steuerbefreiung ihrer Vermietungsumsätze hinsichtlich der privat genutzten Hauptwohnung nicht an. Es ging insoweit von einer steuerfreien Vermietung mit der Folge einer Vorsteuerberichtigung aus. Einspruch und Klage (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2013, 12 K 2906/10, Haufe-Index 7044006) hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Durch die Vermietung des gesamten Gebäudes ab 1.1.2007 sei es zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG gekommen. Die Klägerin habe ab diesem Zeitpunkt zwar das gesamte Gebäude zur Ausführung von Vermietungsumsätzen genutzt, habe aber wirksam nur hinsichtlich des auf die Einliegerwohnung entfallenden unternehmerisch genutzten Teils zur Steuerpflicht nach § 9 UStG optieren können. Hinsichtlich der Familienwohnung haben die Voraussetzungen für einen Verzicht nach § 9 UStG nicht vorgelegen, da der Ehemann als Leistungsempfänger die bezogene Mietleistung insoweit nicht seinem Unternehmen zuordnen habe können. Damit fehle es an einer Vermietung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 9 Abs. 1 UStG), sodass die Vermietung insoweit steuerfrei war.
Hinweis
1. Bei einer gemischten Nutzung für eine wirtschaftliche Tätigkeit wie auch für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ist der Unternehmer zum Vorsteuerabzug grundsätzlich nur anteilig im Umfang der (beabsichtigten) Verwendung für die wirtschaftliche Tätigkeit berechtigt (BFH, Urteil vom 15. 12.2011, V R 48/10, BFH/NV 2012, 808, Rz 14, m.w.N.; BFH, Urteil vom 3.3.2011, V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261, Rz 10). Bei der nicht wirtschaftlichen Tätigkeit kann es sich z.B. um eine Verwendung für private Zwecke oder z.B. bei einem Hoheitsträger um eine Verwendung für Hoheitszwecke handeln.
2. Im Sonderfall der Verwendung für private Zwecke kann sich ein weitergehender Vorsteuerabzug aus einem Zuordnungswahlrecht ergeben. Dieses Wahlrecht besteht aber nur beim Erwerb oder der Herstellung von Gegenständen (Investitionsgütern). So kann der Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch mit Recht auf Vorsteuerabzug und teilweise privat zu eigenen Wohnzwecken nutzt, das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen (EuGH, Urteil vom 8.5.2003, C-269/00, Seeling, BFH/NV Beilage 2003, 157; BFH, Urteil vom 24.7.2003, V R 39/99, BFH/NV 2003, 1513). Den erweiterten Vorsteuerabzug aufgrund dieses Zuordnungswahlrechts hat der Gesetzgeber im Immobilienbereich durch § 15 Abs. 1b UStG mit Wirkung ab 2010 eingeschränkt (zur zeitlichen Anwendung im Einzelnen vgl. § 27 Abs. 16 UStG).
3. Das Zuordnungswahlrecht bezieht sich allerdings nur auf Gegenstände (Investitionsgüter), deren Anschaffungskosten beim Unternehmer aufgrund ihrer Langlebigkeit über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Ein derartiger Erwerb kann auch beim Leasing vorliegen, wenn es hierdurch umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung des Leasinggegenstandes an den Leasingnehmer kommt. Der erweiterte Vorsteuerabzug aufgrund einer Zuordnung verhindert in diesen Fällen, dass es bei einer zunächst auch privaten, später aber z.B. ausschließlich unternehmerischen Nutzung eines Gegenstandes zu einer Mehrwertsteuerbelastung für den Erwerb oder die Errichtung des Gegenstandes kommt (EuGH, Urteil vom 23.4.2009, C-460/07, Puffer, BFH/NV 2009, 1056, Rz 47).
4. Kein Zuordnungswahlrecht besteht beim Bezug sonstiger Leistungen wie z.B. bei einer Anmietung. Dementsprechend bleibt es auch im Fall einer privaten Mitverwendung bei einem nur an...