Leitsatz
1. Ein Unternehmer, der einen Gegenstand (im Streitfall: Pkw) zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen; er kann ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen; schließlich kann er ihn entsprechend dem – geschätzten – unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
2. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen.
3. Ist – wie im Streitfall – ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden. Die (vollständige) Zuordnung des Pkws zum unternehmerischen Bereich kann u.a. daraus abgeleitet werden, dass der Kläger die private Verwendung des Pkws gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980 versteuert hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG für die Besteuerung eines Verwendungseigenverbrauchs nicht vorlagen, weil der Gegenstand (Pkw) nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte.
4. Entnimmt der Steuerpflichtige den Pkw, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte, vor der Veräußerung seinem Unternehmen, ist es nach Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG unzulässig, die Entnahme zu besteuern. Wenn der Steuerpflichtige den Pkw dann veräußert, so ist diese Leistung seinem privaten Bereich zuzurechnen; sie unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte 1990 einen Pkw von einem Privatmann erworben und den Eigenverbrauch versteuert. Er hat ihn ohne Ausweis von Umsatzsteuer verkauft.
Entscheidung
Der BFH ging, weil der Kläger den Eigenverbrauch versteuert hatte, von der Zuordnung zum Unternehmen aus, weil dies denknotwendig die Zuordnung voraussetzt. Mit der Veräußerung ohne Ausweis von Umsatzsteuer hat nach Auffassung des BFH der Kläger eindeutig zu erkennen gegeben, dass keine Umsatzsteuer anfallen solle; sie ist ausnahmsweise, weil der Kläger vor der Vorabentscheidung des EuGH noch keine klaren Vorstellungen davon haben konnte, wie er die Veräußerung des Pkws der Steuerpflicht – zulässigerweise – entziehen konnte, ein Beleg für eine vorangegangene Entnahme des Pkws.
Hinweis
Die Entscheidung setzt die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 8.3.2001, Rs. C-415/98 – Bakcsi – in nationales Recht um. Beachten Sie, dass das UStG nicht vollständig mit der 6. EG-RL abgestimmt ist und der Steuerpflichtige sich auf eine günstigere Richtlinienregelung berufen kann. Für einen Unternehmer, der einen Gegenstand zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, gibt es folgende Möglichkeiten:
- Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen.
- Er kann den Gegenstand insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
- Er kann den Gegenstand entsprechend dem – geschätzten – unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
Die Verwendung des bezogenen Gegenstands in der jeweiligen Sphäre muss objektiv möglich und durchführbar sein. Beweisanzeichen für die zu treffende Zuordnungsentscheidung bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstands ist bei Erwerb vom Unternehmer i.d.R. die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs; bei Erwerb vom Nichtunternehmer spielen andere Beweisanzeichen eine Rolle (z.B. Auftreten unter Firmennamen beim Erwerb, Bilanzierung von gewillkürtem Betriebsvermögen; betriebliche oder private Versicherung des Gegenstands; bei Altfällen!: Versteuerung der privaten Nutzung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980.Ohne Bedeutung als Beweisanzeichen für die Zuordnung des Gegenstands selbst ist die Behandlung der Reparaturkosten.)
Die Veräußerung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands unterliegt unabhängig davon, ob die darauf lastende Vorsteuer abgezogen werden konnte (Erwerb von Privat), der Umsatzsteuer. Beachten Sie, dass die Entnahme eines ohne Vorsteuerabzug erworbenen Gegenstands nicht besteuert werden darf; vor Veräußerung sollte deshalb der vom Nichtunternehmer erworbene Gegenstand entnommen und die Entnahme dokumentiert werden. Diese Gestaltung ist nicht missbräuchlich!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.1.2002, V R 61/96