Leitsatz

Wird ein Gebäude, das zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden sollte, vor dem Selbstbezug und innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG wieder veräußert, mindern nur solche Schuldzinsen aus der Fremdfinanzierung des Grundstückserwerbs und andere Grundstücksaufwendungen den Spekulationsgewinn, die auf die Zeit entfallen, in welcher der Steuerpflichtige bereits zum Verkauf des Objekts entschlossen war (Anschluss an das Senatsurteil vom 4.10.1990, X R 150/88, BFH/NV 1991, 237).

 

Normenkette

§ 9 EStG , § 10e Abs. 6 EStG , § 19 EStG , § 22 Nr. 2 EStG , § 23 EStG

 

Sachverhalt

Anfang 1990 wurde dem Kläger ab 1.1.1991 eine Stellung im Stammhaus seines Arbeitgebers übertragen. Im April 1990 kaufte er deshalb ein zu dieser Zeit vermietetes, etwa 15 Autominuten vom Stammhaus entferntes Einfamilienhaus in B. Die Vermietung endete im Dezember 1990. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger in vollem Umfang durch ein Bankdarlehen.

Bevor die Kläger (Eheleute) den geplanten Umzug nach B durchführen konnten, wurde der Kläger überraschend zum Geschäftsführer einer zur Unternehmensgruppe seines Arbeitgebers gehörenden Gesellschaft in K bestellt. Im Juli 1991 veräußerte er deswegen das Haus in B und erwarb ein Einfamilienhaus in K, das die Kläger seit August 1991 bewohnen. Zur Finanzierung des Hauses in K setzte der Kläger u.a. das Darlehen ein, das er zum Erwerb des Hauses in B aufgenommen hatte.

Die für die Zeit vom 1.1. bis 31.7.1991 aufgewendeten Schuldzinsen und sonstigen Grundstücksaufwendungen machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung 1991 (Streitjahr) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Hauses in B geltend. Außerdem erklärten sie einen Spekulationsgewinn i.H.v. 2.777 DM. Das Finanzamt ging davon aus, dass lediglich die auf die Zeit zwischen Verkaufsentschluss und Abschluss des Verkaufsvertrags entfallenden Aufwendungen – als Werbungskosten bei dem erklärten Spekulationsgewinn – abgezogen werden könnten.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (vgl. EFG 1999, 22). Die streitigen Aufwendungen seien als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit abzuziehen. Selbst wenn man diese Ansicht nicht teile, seien die Aufwendungen jedenfalls als Vorkosten i.S.d. § 10e Abs. 6 EStG abziehbar. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

1. Zu Unrecht habe das FG entschieden, dass die streitigen Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar seien. Im Streitfall hätten die Kläger die Darlehensvaluta zur Finanzierung des Objekts in B verwendet, das zu eigenen Wohnzwecken habe genutzt werden sollen. Selbst wenn für den beabsichtigten Ortswechsel mit der vorgesehenen Versetzung nach B ein in den Bereich der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehörendes Ereignis das auslösende Moment gewesen sei, habe der Kauf des Hauses in B und die damit verbundene Kreditaufnahme auf der Entscheidung der Kläger beruht, Eigentum zu erwerben und das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen. Deshalb seien die entsprechenden Kosten der grundsätzlich – vom Vorkostenabzug abgesehen – steuerlich unbeachtlichen privaten Vermögenssphäre zuzurechnen.

2. Die streitigen Aufwendungen könnten auch nicht als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abgezogen werden. Scheitere der geplante Erwerb oder die geplante Herstellung der zur Eigennutzung vorgesehenen Wohnung, seien die damit zusammenhängenden – vergeblichen – Aufwendungen nicht als Vorkosten abziehbar. Gleiches gelte auch dann, wenn – wie hier bezüglich des Hauses in B – die Absicht, die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, vor dem erstmaligen Bezug aufgegeben werde (BFH, Urteil vom 23.7.1997, X R 106/94, BStBl II 1998, 15).

Die vor dem 1.8.1991 angefallenen Schuldzinsen könnten auch nicht als Vorkosten des Objekts in K abgezogen werden, da kein unmittelbarer Zusammenhang der Finanzierungskosten mit dem Objekt in K bestehe.

3. Die auf die Zeit zwischen Verkaufsentschluss und Kaufpreiszahlung entfallenden Grundstücksaufwendungen für das Haus in B seien jedoch Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 2, 23 EStG. Ergebe sich nach den vom FG noch zu treffenden Feststellungen ein Verlust aus dem Spekulationsgeschäft, so sei dieser nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Regeln über den Verlustausgleich und Verlustabzug zu berücksichtigen.

 

Hinweis

1. Werbungskosten i.S.d. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 4 Satz 1 EStG 1991 sind grundsätzlich alle durch ein Spekulationsgeschäft veranlasste Aufwendungen, die nicht zu den (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören. Ein Abzug als Werbungskosten bei den Spekulationseinkünften kommt allerdings nur in Betracht, soweit nicht der Spekulationsgegenstand im Rahmen einer vorrangigen Einkunftsart oder privat (§ 12 EStG) genutzt wurde.

Kommt es – wie im Streitfall – nicht zum geplanten Eigenbezug einer Immobilie, dauert die ...

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