Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
In bestimmten Fällen hat der Unternehmer für bezogene Gegenstände ein Zuordnungswahlrecht. Er kann einen Gegenstand ganz, teilweise oder auch gar nicht seinem Unternehmen zuordnen. Die Zuordnungsentscheidung muss in geeigneter Weise dokumentiert werden. Während die Finanzverwaltung früher davon ausging, dass die Zuordnungsentscheidung bis zur gesetzlichen Abgabefrist von Jahressteuererklärungen gegenüber dem Finanzamt dokumentiert werden muss, hatte der BFH aufgrund von Entscheidungen des EuGH innerhalb der Abgabefrist nur eine nach objektiven Gesichtspunkten nachvollziehbare Dokumentation gefordert. Die Finanzverwaltung passt jetzt die Verwaltungsanweisungen an die Rechtsprechung an.
Die rechtliche Problematik
Erwirbt ein Unternehmer einen Gegenstand, den er sowohl für seine unternehmerischen Zwecke als auch für private Zwecke verwenden möchte, kann er den Gegenstand seinem Unternehmen vollständig zuordnen, gar nicht zuordnen oder auch nur teilweise zuordnen. Dieses Zuordnungswahlrecht gilt – anders als im Ertragsteuerrecht – sowohl für Immobilien als auch für bewegliche körperliche Gegenstände. Voraussetzung ist nur, dass die unternehmerische Verwendung mindestens 10 % der geplanten Verwendung beträgt.
Ein Zuordnungswahlrecht kann für einen Unternehmer nur dann bestehen, wenn der Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch für private (nichtunternehmerische) Zwecke verwendet wird. Gegenstände, die ausschließlich unternehmerisch verwendet werden, stellen ohne Wahlrecht des Unternehmers "Unternehmensvermögen" dar. Gegenstände die ausschließlich oder zu mehr als 90 % nichtunternehmerischen Zwecken dienen, dürfen – ebenfalls ohne Wahlmöglichkeit durch den Unternehmer – dem "Unternehmensvermögen" insgesamt nicht zugerechnet werden. Werden Gegenstände für sog. "nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinn" neben einer unternehmerischen Verwendung genutzt, besteht kein Zuordnungswahlrecht, der Vorsteuerabzug ist schon auf der Leistungseingangsseite in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Teil aufzuteilen. Dies gilt ebenfalls – und dies für alle Unternehmer – bei sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendeten sonstigen Leistungen.
Ein "Zuordnungswahlrecht" im umsatzsteuerrechtlichen Sinn hat nichts mit den im Ertragsteuerrecht vorhandenen Fragen der Zuordnung von Gegenständen zum "notwendigen oder gewillkürten" Betriebs- oder Privatvermögen zu tun.
Möchte der Unternehmer die Zuordnung zu seinem Unternehmen vornehmen, war der BFH – zumindest nach der nachfolgenden Auslegung durch die Finanzverwaltung – davon ausgegangen, dass diese Zuordnung bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Steuererklärungen (regelmäßig derzeit der 31.7. des Folgejahrs, soweit nicht eine gesetzliche Verschiebung der Abgabefrist vorliegt) gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert werden muss. War die Zuordnung bis zu diesem Stichtag nicht – durch Abgabe einer Voranmeldung oder der Jahressteuererklärung mit vollem Vorsteuerabzug oder einer anderen Information – gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert worden, ging die Finanzverwaltung davon aus, dass der Gegenstand dem Unternehmen nicht zugeordnet wurde. Der Vorsteuerabzug war in diesem Fall endgültig in vollem Umfang verloren und konnte auch nicht (anteilig) über eine Vorsteuerberichtigung geltend gemacht werden.
An dieser starren Zuordnungsfrist bestanden aber spätestens seit einem Urteil des EuGH erhebliche Zweifel, sodass der BFH dazu den EuGH angerufen hatte. Der EuGH hatte – anders als dies noch der Generalanwalt in seiner Schlussempfehlung vorgeschlagen hatte – starre Zuordnungsfristen nicht grundsätzlich aus unionsrechtlichen Gründen verworfen. Nationale Gerichte (also der BFH) müssen über die Frage der Frist für eine Dokumentation der Zuordnungsentscheidung entscheiden. Dabei sei zu beachten, dass die Zuordnungsentscheidung als solche eine materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, die Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung aber eine formelle Voraussetzung darstellt. Nach den schon früher vom EuGH aufgestellten Grundsätze darf ein Verstoß gegen die formellen Anforderungen jedoch grundsätzlich nicht zum Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug führen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden. Ein reiner Verstoß gegen die Dokumentationsfrist darf den Unternehmer aber nicht daran hindern, den sicheren Nachweis dafür zu erbringen, dass eine Zuordnungsentscheidung zum Zeitpunkt des Erwerbs der Wirtschaftsgüter getroffen wurde. Die Möglichkeit, das Abzugsrecht allerdings ohne jede zeitliche Beschränkung auszuüben, würde dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Der BFH müsse deshalb prüfen, ob im Hinblick auf das Ziel der Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit eine Zuordnungsfrist verhältnismäßig ist. Dabei sollte der BFH berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung au...