Leitsatz
1. Aufwendungen für Seminare zur Persönlichkeitsentfaltung sind beruflich veranlasst, wenn die Veranstaltungen primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sind. Indizien für die berufliche Veranlassung sind insbesondere die Lehrinhalte und ihre konkrete Anwendung in der beruflichen Tätigkeit, der Ablauf des Lehrgangs sowie die teilnehmenden Personen.
2. Ein Lehrgang, der sowohl Grundlagenwissen als auch berufsbezogenes Spezialwissen vermittelt, kann beruflich veranlasst sein, wenn der Erwerb des Grundlagenwissens die Vorstufe zum Erwerb des berufsbezogenen Spezialwissens bildet.
3. Der Teilnehmerkreis eines Lehrgangs, der sich mit Anforderungen an Führungskräfte befasst, ist auch dann homogen zusammengesetzt, wenn die Teilnehmer Führungspositionen in verschiedenen Berufsgruppen innehaben.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger (Eheleute) erzielten im Streitjahr (2000) als Angestellte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kläger ist Diplom-Kaufmann und war als interner Revisor bei der Firma C beschäftigt. Dort führte er ein Team von fünf Mitarbeitern. Die Klägerin ist approbierte Apothekerin und war im Streitjahr als Vertreterin verschiedener Apothekenleiter und -inhaber tätig.
Die Klägerin besuchte im Streitjahr "Blockseminare Supervision" im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung in A, nachdem sie dort bereits im Jahr 1999 ein "Blockseminar Supervision" mit den Schwerpunkten Kommunikation und Kundenansprache absolviert hatte. Darüber hinaus begann sie im Streitjahr das dreijährige Seminar "Berufsbegleitende Gruppe" mit einer berufsbegleitenden Supervision sowie Weiterbildung zu den Themen Kommunikation, Führung und berufliche Haltung.
Der Kläger nahm im Streitjahr ebenfalls an "Blockseminaren Supervision" im Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung teil. Dort hatte er zuvor bereits seit 1998 Seminare besucht, in denen das Grundlagenwissen für die "Blockseminare Supervision" vermittelt worden war. Zu den Teilnehmern der "Blockseminare Supervision" gehörten wie bei der "Berufsbegleitenden Gruppe" Führungskräfte aus verschiedenen Berufsgruppen.
Die im Streitjahr besuchten Blockseminare beinhalteten Supervisionen in Kleingruppen von drei bis vier Personen. Hierbei fanden jeweils zwei bis drei gegenseitige Besuche in Form einer kritischen Begleitung am Arbeitsplatz statt.
In der ESt-Erklärung für das Streitjahr 2000, machten die Kläger die Aufwendungen für die Teilnahme an den Seminaren i.H.v. 4 733 DM (Kläger) und 10 116 DM (Klägerin) als Werbungskosten erfolglos geltend.
Das FG wies die Klage ab (FG Münster, Urteil vom 08.06.2004 6 K 5400/01 E, Haufe-Index 1373019, EFG 2005, 1186).
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Sache sei nur zum Teil spruchreif.
Die Aufwendungen des Klägers für die "Blockseminare Supervision" seien als Werbungskosten zu berücksichtigen. Entscheidend sei, dass die Kurse von einem berufsmäßigen Veranstalter durchgeführt wurden, ein homogener Teilnehmerkreis vorliege und der Erwerb der Kenntnisse und Fähigkeiten (Lehrinhalte) auf eine anschließende Verwendung im Beruf angelegt sei.
Die Feststellungen des FG hinsichtlich der Seminare der Klägerin seien nicht umfassend. Im 2. Rechtsgang seien die für eine Gesamtwürdigung der Kurskosten erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
Hinweis
1. Die Besprechungsentscheidung ergänzt die Rechtsgrundsätze, die im zeitgleich ergangenen Urteil VI R 44/04, BFH/PR 2009, 14 – NLP-Kurse) dargelegt wurden.
2. Der V. Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 30.06.2006 V R 1/02, BFH-PR 2005, 421 mit der Beratungsmethode "Supervision" auseinandergesetzt. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Der V. Senat hatte damals bereits ausgeführt, dass eine Supervision auf eine ständige professionelle Begleitung i.S. einer Steuerung, Korrektur und Überwachung der beruflichen Tätigkeit ausgerichtet ist und damit eine Professionalisierung des Beschäftigten bezweckt.
Supervision findet – ebenso wie NLP-Kurse – vielfach Anwendung im Wirtschaftsleben. Auch diese Beratungsform ist zu einem wesentlichen Bestandteil der Personal- und Qualitätsentwicklung geworden. Diese Methode, die zur Sicherung und Verbesserung der Qualität beruflicher Arbeit eingesetzt wird, kann folglich gleichfalls zu Werbungskosten führen.
3. Zu Leitsatz 2: Bereits in seinem Urteil vom 10.04.2002, VI R 46/01, BFH/PR 2002, 327, BFH/NV 2002, 1088 hatte der BFH ausgesprochen, dass auch Fremdsprachen-Grundkurse jedenfalls dann als beruflich angesehen werden können, wenn die vermittelten Kenntnisse für die – als nächste angestrebte, höher qualifizierte – berufliche Betätigung erforderlich sind. Hieran anknüpfend hat der BFH in der Besprechungsentscheidung ausgeführt, dass Aufwendungen für einen Lehrgang, in dem sowohl Grundlagenwissen als auch berufsbezogenes Spezialwissen vermittelt wird, in vollem Umfang als Werbungskosten anerkannt werden können, wenn de...