Leitsatz
1. Währungskursverluste bei darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen in Fremdwährung mindern vor dem Inkrafttreten des § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2050, BStBl I 2021, 889) das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht, da sie in den sachlichen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG fallen.
2. In einem Drittstaatenfall steht Unionsrecht dem nicht entgegen; die auch im Verkehr mit Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) wird bei § 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG durch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verdrängt und ist nicht anwendbar.
Normenkette
§ 8b Abs. 3 Sätze 4 bis 7 KStG, Art. 49, Art. 63 AEUV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige AG, ist im Bereich der … tätig. Der weltweite Vertrieb ihrer Produkte und Dienstleistungen erfolgt überwiegend durch konzerneigene Tochtergesellschaften, teilweise aber auch durch fremde Dritte. Den Vertrieb in Brasilien übernahm eine Tochtergesellschaft in der Rechtsform der Sociedade por Quotas de Responsabilidade Limitada (X‐Ltda). Alleinige Anteilsinhaberin der X‐Ltda war die Klägerin. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen rechnete sie gegenüber der X‐Ltda in brasilianischer Landeswährung ab. Dabei gewährte sie der X‐Ltda ein Zahlungsziel von 90 Tagen, ohne Währungskurssicherungsgeschäfte abzuschließen. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte sich heraus, dass die X‐Ltda ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in den Jahren 2013 bis 2016 regelmäßig erst sieben bis neun Monate nach der Rechnungstellung beglichen hatte. Einen Teil der offenen Forderungen hatte die Klägerin in den Jahren 2013, 2015 und 2016 für Kapitalerhöhungen der X‐Ltda verwendet. Für Forderungen, bei denen das Zahlungsziel von 90 Tagen um mindestens 90 weitere Tage überschritten wurde, ergab sich im Streitjahr nach Saldierung mit Währungskursgewinnen ein Währungskursverlust von … EUR. Dieser Betrag errechnete sich aus Wechselkursänderungen der brasilianischen Landeswährung, die zwischen dem Tag der Fälligkeit und dem tatsächlichen Ausgleich der jeweiligen Forderung eingetreten waren; er ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. In Argentinien vertrieb die Klägerin ihre Produkte über einen fremden Dritten, die Y‐S.A. Hier fakturierte die Klägerin in EUR. Die Y‐S.A. beglich diese Rechnungen innerhalb des durchschnittlichen Zahlungsziels von 88 Tagen.
Das FA erließ für die Jahre 2013 bis 2016 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte KSt-Bescheide und rechnete die Währungskursverluste unter Berufung auf § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG außerbilanziell hinzu. Ein Einspruch blieb für das Streitjahr erfolglos.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage als unbegründet ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.9.2020, 3 K 1486/19, Haufe-Index 14260978).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung kann auf die Praxis-Hinweise Bezug genommen werden.
Hinweis
1. Die Beteiligten streiten darüber, ob Währungskursverluste im Jahr 2014 nicht abziehbare Gewinnminderungen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung darstellen. Der Hinweis auf das Streitjahr 2014 ist wichtig. Denn die gesetzlichen Regelungen wurden im Jahr 2021 dahin gehend geändert, dass Währungskursverluste nunmehr steuerwirksam sind.
2. Der BFH hat in seiner Besprechungsentscheidung ausgeführt, dass die angesprochene Gesetzesänderung konstitutiver Natur war. Denn nach der früheren Fassung des § 8b Abs. 3 Sätze 4 bis 7 KStG stellen Währungskursverluste Gewinnminderungen dar und verringern die körperschaftsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage gerade nicht, so jetzt der BFH.
3.§ 8b Abs. 2 und Abs. 3 KStG korrespondieren miteinander: Weil Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen steuerfrei sind, sollen auch Verluste nicht steuerwirksam werden. Die damit angesprochenen Verluste/Gewinnminderungen hat der Gesetzgeber in § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf Darlehen und darlehensähnliche Konstellationen erweitert. Eine solche lag im Streitfall vor. Fraglich war im Wesentlichen, ob auch Wechselkursverluste bei Hingabe von Fremdwährungsdarlehen Gewinnminderungen darstellen. In der Literatur wurde diese Frage vielfach verneint. Zur Begründung wurde zumeist vorgebracht, dass die Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG teleologisch zu reduzieren sei. Währungskursrisiken, so die Vertreter dieser Ansicht, stellten einen rein "exogenen Faktor" dar, der vom Gesellschafter nicht beeinflussbar sei und der deshalb außerhalb des Zwecks des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG liege.
4. Der BFH hat den Meinungsstreit nunmehr entschieden.
a) Er verweist zunächst auf den weiten Gesetzeswortlaut. Die allgemeine Formulierung "Gewinnminderungen" enthält keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung in Bezug auf Gewinnminderungen durch Währungskursverluste.
b) Des Weiteren rechtfertigt der Gesetzeszweck keine einschränkende Ausleg...