Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Die Besteuerung von Gegenwertzahlungen, die der Arbeitgeber bei Austritt aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder leistet, als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn ist verfassungsgemäß.
Sachverhalt
Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts meldete mit Zustimmung des Finanzamts ihre Lohnsteuer im besonderen Erhebungsverfahren nach § 38 Abs. 3a EStG an und führte sie auch auf diese Weise ab. Zum Jahresende trat die Körperschaft aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aus. Gemäß der Satzung der VBL leistete sie deshalb eine so genannte Gegenwertzahlung an die VBL. In einer berichtigten Lohnsteueranmeldung wurde diese Gegenwertzahlung dann mit einem Pauschalsteuersatz von 15 % angemeldet; Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag wurden entsprechend abgeführt. Gegen die gesetzliche Behandlung der Gegenwertzahlung als Arbeitslohn wehrte sich die Körperschaft ohne Erfolg.
Entscheidung
Das FG Baden-Württemberg erklärte, dass Arbeitslohn alle Einnahmen seien, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Darunter zählen ebenso Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer z. B. für den Fall des Alters abzusichern, so genannte Zukunftssicherung, § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 EStG auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben laufenden Beiträgen an eine Versorgungseinrichtung leiste, insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung. Eine solche Sonderzahlung war auch die Gegenwertzahlung des Klägers an die VBL. Sie unterliege damit der Lohnsteuer. Unabhängig davon, ob mit einer Steuernorm allein Fiskalzwecke oder auch Förderungs- und Lenkungsziele verfolgt werden, sei die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten: Jede gesetzliche Regelung müsse verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen sei der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage dürfe er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (BVerfG, Urteil v. 6.3.2003, 2 BvL 17/99, BStBl 2002 II S.618).
Hinweis
Nach § 23 Abs. 2 VBL-Satzung waren ausscheidende Arbeitgeber gegenüber der VBL verpflichtet, einen versicherungsmathematisch errechneten Gegenwert zu bezahlen, damit die bereits entstandenen Zahlungsverpflichtungen aus dem vorhandenen Rentenbestand und den unverfallbaren Versorgungsanwartschaften der aktiven Arbeitnehmer auch nach ihrem Ausscheiden erfüllt werden können. Der Gegenwert umfasst damit diejenigen Verpflichtungen, die durch frühere Umlagezahlungen rechtlich begründet, aber - wegen weiterer ausstehender Umlagen - noch nicht ausfinanziert waren. Die Gegenwertzahlung dient ausschließlich dem Ausgleich der durch das Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL verursachten Finanzierungslücke, führt jedoch nicht zu einem unmittelbaren geldwerten Vorteil der aktiven Arbeitnehmer: Die Gegenwertzahlung erhöht weder die bestehenden Anwartschaften noch die laufenden Versorgungsbezüge. Der ausscheidende Arbeitgeber wendet durch die Zahlung des Gegenwerts daher nach Auffassung des BFH seinen Arbeitnehmern nichts zu, was über die bereits erworbenen, im Umlageverfahren finanzierten und als Arbeitslohn versteuerten Versorgungsanwartschaften hinausgeht (vgl. BFH, Urteil v. 15.2.2006, VI R 92/04, BStBl 2006 II S. 528 m.w.N.).
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.07.2012, 10 K 4094/09