Pflichtteilsansprüche entstehen nach § 2303 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB, wenn Abkömmlinge, Eltern bzw. Ehe- oder Lebenspartner (im Fall der Lebenspartnerschaft gilt § 10 Abs. 6 LPartG) durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Ein entsprechender Anteil am Nachlass geht – anders als bei der Universalsukzession nach § 1922 Abs. 1 BGB – nicht ohne weiteres auf die pflichtteilsberechtigte Person über. Vielmehr steht dieser nach dem Wortlaut des § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB ("kann [...] den Pflichtteil verlangen") lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erben zu, der nach § 2317 Abs. 1 BGB mit dem Erbfall entsteht. Der Anspruch umfasst nach § 2301 Abs. 1 Satz 2 BGB die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, wobei für die Wertermittlung §§ 2311 ff. BGB gelten und erforderlichenfalls nach § 2311 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Schätzung erfolgen muss. Die Erben trifft eine Auskunftspflicht nach § 2314 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu etwa Horn, NJW 2016, 1559, 1560), deren Erfüllung erforderlichenfalls im Wege des § 888 Abs. 1 ZPO erzwingbar ist (Hülsmann in Wilms/Jochum, ErbStG, § 3 Rz. 154). Ist der pflichtteilsberechtigten Person ein Erbteil hinterlassen, der wertmäßig hinter dem Pflichtteil zurückbleibt, so kann die Differenz als Zusatzpflichtteil nach § 2304 Satz 1 BGB verlangt werden. Erbeinsetzung und Pflichtteilsberechtigung schließen sich also nicht per se aus (vgl. auch § 2314 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BGB, § 2316 Abs. 2 Halbs. 1 BGB, § 2318 Abs. 3 Halbs. 1 BGB, § 2319 Satz 1 Halbs. 1 BGB, § 2328 Halbs. 1 BGB), so dass auch in steuerlicher Hinsicht im Grundsatz die Tatbestände nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 und Var. 3 ErbStG nebeneinander einschlägig sein können.
Der Pflichtteilsanspruch verjährt seit der Erbrechtsreform 2010 (Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts v. 24.9.2009, BGBl. I 2009, 3142) mangels spezieller Regelung innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist (vgl. Obergfell in BeckOGK/BGB, § 2303 Rz. 55; ob die Verjährungsfrist testamentarisch verlängert werden kann, ist umstritten, vgl. etwa Grothe in MünchKomm/BGB, § 202 Rz. 4 m.w.N.). Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und – kumulativ – die pflichtteilsberechtigte Person von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners oder der Schuldnerin Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Demnach kann der Beginn der Verjährungsfrist erheblich aufgeschoben sein, wenn im Einzelfall etwa Ungewissheit besteht, welche Personen verpflichtet sind oder ob die jeweilige Verfügung von Todes wegen wirksam ist (vgl. etwa BGH v. 6.10.1999 – IV ZR 262/98, ZEV 2000, 26; OLG Schleswig v. 5.5.2015 – 3 U 98/14, NJW-RR 2016, 73 Rz. 38 m.w.N.; vgl. Rösler in Groll/Steiner, Praxis-Hdb. Erbrechtsberatung, Rz. 26.430 ff.; vgl. ferner Piekenbrock in BeckOGK/BGB, § 199 Rz. 109 m.w.N.: schon Tatsachen- oder Rechtsirrtum hinsichtlich der beeinträchtigenden Verfügung hindert Verjährungsbeginn).
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB, wobei im Einzelfall Hemmungstatbestände zu beachten sind. Hier kommt neben klassischen Tatbeständen wie § 203 BGB (Verhandlungen über den Anspruch) oder § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (Klageerhebung) auch § 211 Satz 1 BGB (vgl. Meller-Hannich in BeckOGK/BGB, § 211 Rz. 5) in Betracht, nach dem die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem die Erbschaft angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an der Anspruch von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Schließlich ist – insb. in Fällen, in denen es an der Kenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB fehlt – die Höchstfrist des § 199 Abs. 3a BGB zu beachten, nach der jedenfalls nach 30 Jahren ab Anspruchsentstehung Verjährung eintritt (Holtmeyer, ZEV 2013, 53, 57).
Die Rechtsfolge des Ablaufs der Verjährungsfrist ist – in Abweichung vom Steuerverfahrensrecht, wo § 47 AO gilt und von Amts wegen zu beachten ist – nicht etwa das Erlöschen der Forderung (Grothe in MünchKomm/BGB, § 214 Rz. 1). Vielmehr berechtigt der Verjährungseintritt die verpflichtete Person nach § 214 BGB lediglich dazu, die Leistung zu verweigern (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, § 214 Rz. 1 ff.; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, § 214 Rz. 36 ff.). Sie bleibt verpflichtet, die pflichtteilsberechtigte Person kann ihren Anspruch gleichwohl nicht mehr durchsetzen. Es entsteht demnach eine nicht erzwingbare Schuld, eine sog. Naturalobligation (vgl. allerdings zur Unterscheidung von eingeschränkter und gänzlich fehlender Klagbarkeit Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, § 214 Rz. 36).