Leitsatz
Die Weitervercharterung von Handelsschiffen führt beim Zweitvercharterer nur dann zur Fiktion einer ausländischen Betriebsstätte i.S.d. § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG 2002, wenn dieser die Schiffe selbst ausgerüstet hat.
Normenkette
§ 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009, § 9 Nr. 3 GewStG 2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, übte bis 2001 eine Tätigkeit als Bereederungs- und Befrachtungsgesellschaft für Seeschiffe im internationalen Verkehr aus; alsdann wurden sämtliche der Geschäftstätigkeit zu Grunde liegenden Verträge auf die A Bereederungsgesellschaft mbH übertragen. In den Streitjahren 2005 bis 2007 und 2009 war die Klägerin an zwei Schifffahrtsgesellschaften mbH & Co. KG beteiligt. Unter dem 8.12.2003 und dem 30.4.2004 charterte sie von beiden Gesellschaften voll ausgerüstete, betriebsbereite und im deutschen Schiffsregister eingetragene Schiffe, welche sie mit Gewinn weiter vercharterte. Beschäftigungslose und sog. Offhire-Zeiten der Seeschiffe gingen zu ihren Lasten.
Entscheidung
Der BFH hob das stattgebende Urteil des FG (FG Hamburg, Urteil vom 7.5.2015, 6 K 220/14, Haufe-Index 8140284, EFG 2015, 1556) auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Es geht um die Kürzung des Gewinns nach § 9 Nr. 3 GewStG 2002 bei der Weitervercharterung bereits vom Vercharterer ausgerüsteter Schiffe. Nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens zu kürzen, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Gemäß § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG 2002 gelten bei Unternehmen, die ausschließlich den Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, 80 % des Gewerbeertrags als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend. § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG 2002 verweist auf die entsprechende Anwendung von § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009, nach dem u.a. zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auch ihre Vercharterung gehört, wenn die Handelsschiffe vom Vercharterer ausgerüstet worden sind ("betriebsbereit", s.a. § 557 Abs. 1 HGB).
2. Bei Weitervercharterung gecharterter Handelsschiffe führt die Vercharterung durch den Zweitvercharterer nur dann zur Fiktion einer ausländischen Betriebsstätte, wenn die Schiffe vom Zweitvercharterer selbst ausgerüstet worden sind. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009 (die Weitervercharterung ausgerüsteter Schiffe ist dort nicht angesprochen). Auch in § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b EStG 2002/2009 differenziert der Gesetzgeber sprachlich zwischen der Überlassung eines ausgerüsteten Schiffes durch den Vercharterer und dessen Weitervercharterung durch den Charterer sowie einer Bareboat Charter und der Ausrüstung durch den Charterer selbst. Ähnliches gilt für § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG 2009 (dort Buchst. a und Buchst. b). Wird dagegen (ohne den Fall der ausgerüsteten Überlassung gesondert einzubeziehen) im Rahmen des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009 lediglich auf das Ausrüsten durch den Vercharterer abgestellt, lässt dies den Schluss zu, dass sich dessen Anwendungsbereich auf vom Charterer in eigener Verantwortung ausgerüstete Schiffe beschränkt.
3. Eine Divergenzvorlage wegen entgegenstehender Rechtsprechung des IV. Senats (BFH, Urteil vom 7.12.1989, IV R 86/88, BFHE 159, 446, BStBl II 1990, 433) war nicht vonnöten: Zwar hat der IV. Senat entschieden, dass der vormalige tarifliche Begünstigungstatbestand des § 34c Abs. 4 Satz 3 EStG a.F. auch die Weitervercharterung eines bereits vom Erstvercharterer ausgerüsteten Schiffes umfasst. Aber der Geschäftsverteilungsplan des BFH sieht für Streitfragen im Rahmen des § 34c EStG nunmehr die Alleinzuständigkeit des I. Senats vor. Zudem ist die nunmehr durch § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG 2002 in Bezug genommene Norm des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009 weder ihrem Wortlaut nach noch hinsichtlich ihrer systematischen Verortung mit der Tarifvorschrift des § 34c Abs. 4 Satz 3 EStG a.F. identisch. Schließlich unterscheidet sich der Streitfall von jenem des IV. Senats dadurch, dass er die Auslegung des § 9 Nr. 3 GewStG 2002 betrifft, der lediglich im Rahmen einer Verweisung die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG 2002/2009 zur Vercharterung für entsprechend anwendbar erklärt. In diesem Rahmen ist aber der Zusammenhang zu § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 zu berücksichtigen, nach dem der Teil des Gewerbeertrages der Kürzung unterfällt, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Zwar stellen fahrende Schiffe keine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage i.S.d. Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO dar, die für § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 2002 allein maßgebend ist. Entscheidet sich jedoch der Gesetzgeber bei dem auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallenden Gewerbeertrag für eine Verortung im Rahmen der Kürzungsvorschriften durch ausländische Betriebsstätten und verwendet er dabei die Regelungstechnik der Betriebsst...