Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Erhält der Steuerpflichtige als Eigentümer einer vermieteten Immobilie vom Eigentümer des Nachbargrundstücks eine Entschädigungszahlung für die Gestattung, dass bei der Bebauung des Nachbargrundstücks zum Zwecke von Abstützungs- und Unterfangungsmaßnahmen an der grenzständigen Außenwand Verpressmittel und Verpressanker dauerhaft in den Untergrund des Grundstücks des Steuerpflichtigen eingebracht werden und muss der Steuerpflichtige ggf. bei künftigen Baumaßnahmen an seinem eigenen Grundstück diese - nach Abschluss der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück funktionslosen - Verpressmittel bzw. Verpressanker auf eigene Kosten entsorgen, so führt die Entschädigungszahlung für den Steuerpflichtigen weder zu steuerpflichtigen Mieteinnahmen noch zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG, sondern ist nicht einkommensteuerbar.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige erhielt als Eigentümer einer vermieteten Immobilie vom Eigentümer des Nachbargrundstücks eine Entschädigungszahlung für die Gestattung, dass bei der Bebauung des Nachbargrundstücks zum Zwecke von Abstützungs- und Unterfangungsmaßnahmen an der grenzständigen Außenwand Verpressmittel und Verpressanker dauerhaft in den Untergrund des Grundstücks des Steuerpflichtigen eingebracht werden. Im Fall einer Baumaßnahme auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen sollten die Anker vom Steuerpflichtigen entsorgt werden. Das Finanzamt rechnete die Entschädigungsleistung von 149.000 EUR den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG zu.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG München ist die Entschädigungszahlung nicht steuerbar. Sie stelle für den Steuerpflichtigen keine steuerpflichtige Mieteinnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Es ist der Auffassung, da sich der Steuerpflichtige mit dem Verbleib der Baumittel auf seinem Grundstück auf nicht absehbare Dauer einverstanden erklärt habe und dafür die Entschädigungszahlung erhalten hat, sei der Gegenstand der Vereinbarung keine zeitlich begrenzte Nutzungsbefugnis durch den Nachbarn. Der Entschädigungsbetrag gehöre auch nicht zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG. Das FG führt aus, sofern ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, gehöre das Entgelt nicht zu den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG. Die streitige Zahlung erfolge nicht als Gegenleistung für die Hinnahme von Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sollte die Zahlung vielmehr die dingliche Eigentumsbeschränkung und die damit einhergehende Wertminderung des Grundstücks des Steuerpflichtigen ausgleichen.
Hinweis
Eine Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und um des Entgeltes willen erbracht wird; ausgenommen sind Veräußerungsvorgänge im Sinne von § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 Abs.1 EStG. Sofern ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, gehört das Entgelt nicht zu den Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG. Ob eine Zahlung als Entgelt für eine sonstige Leistung oder für die endgültige Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz zu qualifizieren ist, richtet sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Leistungen.
Entscheidend ist dabei nicht, wie die Parteien diese Leistungen benannt, sondern was sie nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil v. 15.03.2021, 7 K 2118/20