Leitsatz

Übernimmt bei der durch eine Beteiligungsklausel im Versicherungsvertrag offengelegten Mitversicherung eines Risikos durch mehrere Versicherer (sog. offene Mitversicherung) der führende Versicherer die bei Begründung und Abwicklung der Mitversicherungsverträge anfallenden Verwaltungsaufgaben (sog. Führungsleistungen) gegen einen erhöhten Anteil aus dem Versicherungsentgelt (sog. Führungsprovision), liegt darin eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung an den/die Mitversicherer.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 10 Buchst. a und b, § 4 Nr. 11 UStG, Art. 2 Nr. 1, Art. 13 Teil B Buchst. a 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Im Streitfall gewährte eine Mehrzahl von Versicherern – darunter die Klägerin – dem jeweiligen Versicherungsnehmer durch Aufnahme einer entsprechenden Beteiligungsklausel in den Versicherungsvertrag anteilig nach einer bestimmten Quote Versicherungsschutz. Die Klägerin übernahm die sog. Führungsgeschäfte, wofür sie die Führungsprovision bzw. laut Klägerin eine "Vorabprämie", d.h. einen bevorzugten Anteil von 1 bis 3 % aus dem Versicherungsentgelt, erhielt.

Die Klägerin behandelte die von ihr vereinnahmten Führungsprovisionen als Entgelt für nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes.

Dem folgte das FA nicht.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 10.12.2010, 6 K 4212/04, Haufe-Index 2621188, EFG 2011, 1101).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.

Wie das FA und das FG sah er die Führungsprovision als eine Tätigkeitsvergütung für die mit der "Führung" zusammenhängende Mehrarbeit der Klägerin, d.h. eine gegenüber den Mitversicherern erbrachte selbstständige sonstige Leistung an, für die eine Steuerbefreiung nicht greife.

 

Hinweis

Bei der "offenen Mitversicherung" teilt ein Versicherungsunternehmen das Versicherungsrisiko aus einzelnen Verträgen mit einem oder mehreren anderen Versicherungsunternehmen. Soll ein Risiko im Wege der offenen Mitversicherung versichert werden, bietet ein Versicherungsunternehmen einem Mitbewerber eine Beteiligung an. Ist der andere Versicherer bereit, das Risiko mitzutragen, entsteht die offene Mitversicherung technisch durch Aufnahme einer Beteiligungsklausel in den Versicherungsvertrag, wonach eine Mehrzahl von Versicherungsunternehmen anteilig nach einer bestimmten Quote Versicherungsschutz bietet. Die Versicherungsgesellschaft, die den Kundenkontakt hergestellt hat, übernimmt regelmäßig die Führung innerhalb des Mitversicherungsgeschäftes. Dieses sog. Führungsgeschäft beinhaltet die Durchführung der bei Begründung und Abwicklung der Verträge anfallenden Verwaltungsaufgaben wie Besichtigungen, Berechnungen, Ausstellung des Versicherungsscheins, Einziehung der Prämien, Regulierung der Schäden und Ähnliches. Die Prämie wird von dem Versicherungsnehmer entweder anteilig an die einzelnen Versicherer gezahlt oder aber – regelmäßig im Interesse der Vereinfachung – als Ganzes an die führende Gesellschaft. Von der Gesamtprämie erhält die führende Gesellschaft für den Abschluss und die Bearbeitung des Geschäftes einen bevorzugten Anteil in Höhe von 1 bis 3 % der Gesamtprämie. Der Mehranteil an Prämie, den das führende Versicherungsunternehmen erhält, wird allgemein als Führungsprovision bezeichnet. Sie wird in Form eines Anteils an der Gesamtprovision berechnet. Eine gesonderte Vergütung anteiliger Verwaltungskosten findet nicht statt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.4.2013 – XI R 7/11

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