Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Der deutsche Unternehmer U hat im Voranmeldungszeitraum Januar 2022 Leistungen an verschiedene Kunden in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erbracht. Unter anderem hat er die folgenden Leistungen ausgeführt:
- An den Abnehmer A aus Österreich lieferte er Handelsware im Wert von netto 60.000 EUR.
- An den Abnehmer B aus Belgien lieferte er Elektrogeräte für netto 85.000 EUR.
- An den Abnehmer C aus Finnland lieferte er Elektroteile für netto 50.000 EUR.
- Gegenüber dem Unternehmer D, der mit einer USt-IdNr. aus Dänemark aufgetreten ist, hat er eine Beratungsleistung für netto 1.000 EUR ausgeführt.
Die Lieferungen wurden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG behandelt, die sonstige Leistung wurde in Deutschland als nicht steuerbar behandelt.
In den letzten Quartalen hatte U die folgenden innergemeinschaftlichen Lieferungen und innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte ausgeführt:
Quartal |
Lieferungen an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten |
Lieferungen an Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten |
Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte an den letzten Abnehmer |
1. Quartal 2021 |
25.000 EUR |
35.000 EUR |
10.000 EUR |
2. Quartal 2021 |
37.000 EUR |
12.000 EUR |
5.000 EUR |
3. Quartal 2021 |
42.000 EUR |
17.000 EUR |
5.000 EUR |
4. Quartal 2021 |
36.000 EUR |
5.000 EUR |
15.000 EUR |
Die Zusammenfassende Meldung für Januar 2022 hatte (auszugsweise) folgendes Aussehen:
|
1 |
2 |
3 |
Zeile |
Länderkennzeichen |
USt-IdNr. des Erwerbers/Unternehmers in einem anderen Mitgliedstaat |
Summe der Bemessungsgrundlagen |
Sonstige Leistungen (falls JA, bitte "1" eintragen) Dreiecksgeschäfte (falls JA, bitte "2" eintragen)* |
volle EUR |
Ct |
1 |
AT |
U12345678 |
50.000 |
– |
|
2 |
BE |
123456789 |
85.000 |
– |
|
3 |
FI |
12345678 |
50.000 |
– |
|
4 |
DK |
12345678 |
1.000 |
– |
1 |
* In dem elektronischen Meldeformular sind keine Kennziffern anzugeben sondern entsprechende Kreuze zu setzen.
Im Februar 2022 gelangt U hinsichtlich der angegebenen Leistungen zu folgenden weiteren Erkenntnissen:
- Abnehmer A: Bei der Lieferung wurden in der Zusammenfassenden Meldung versehentlich nur 50.000 EUR anstelle der korrekten Bemessungsgrundlage von 60.000 EUR gemeldet.
- Abnehmer B hat Anfang Februar 2022 unter Abzug von 3 % Skonto (2.550 EUR) lediglich 82.450 EUR überwiesen.
- Abnehmer C: Wegen eines Erfassungsfehlers wurde in der Zusammenfassenden Meldung die USt-IdNr. des Abnehmers C versehentlich falsch erfasst. Korrekt lautet die USt-IdNr. FI 12345679.
- Kunde D teilt ihm im August mit, dass er den Auftrag versehentlich unter der USt-IdNr. aus Dänemark erteilt hatte. Eigentlich sei die Leistung für seine Betriebsstätte in Belgien bestimmt gewesen – dies ist auch objektiv aus der erbrachten sonstigen Leistung begründbar. D teilt dem U seine zutreffende belgische USt-IdNr. (BE 123 654 987) mit.
2.2 Fragestellungen
U möchte wissen, ob es zutreffend war, eine Zusammenfassende Meldung für Januar 2022 abzugeben.
Darüber hinaus möchte U wissen, für welche Vorgänge er eine berichtigte Zusammenfassende Meldung abgeben muss und wie diese aussehen würde.
Welche Folgerungen ergeben sich in den Fällen, in denen keine berichtigte Zusammenfassende Meldung abzugeben ist?
2.3 Lösung
Abgabefrist der Zusammenfassenden Meldung
Regelfall ist, dass der leistende Unternehmer monatliche Zusammenfassende Meldungen abgeben muss. Allerdings kann U im Rahmen einer Vereinfachungsregelung quartalsweise Zusammenfassende Meldungen abgeben, wenn er in den letzten 4 Quartalen innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte von jeweils nicht mehr als 50.000 EUR ausgeführt hat.
Die Lieferungen an die Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten unterliegen aber in keinem Fall einer Meldeverpflichtung im Rahmen der Zusammenfassenden Meldung. Deshalb kommt es auf die Höhe dieser Umsätze grundsätzlich nicht an.
Verlagerung des Orts der Lieferung in den anderen Mitgliedstaat
Eine Verlagerung des Orts der Lieferung an Nichtunternehmer (Abnehmer ohne USt-IdNr.) nach § 3c Abs. 1 UStG in den anderen Mitgliedstaat erfolgt, wenn der liefernde Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr oder bisher im laufenden Kalenderjahr die unionseinheitliche Umsatzschwelle von 10.000 EUR überschritten hat. Voraussetzung ist, dass der liefernde Unternehmer den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat befördert oder versendet oder zumindest an dem Warentransport beteiligt ist. Da bei den hier angegebenen Umsätzen davon auszugehen ist, dass zumindest ein Teil der Warenlieferung mit einer Beförderung oder Versendung durch U verbunden ist, sind diese Lieferungen in den einzelnen Bestimmungsmitgliedstaaten der Besteuerung zu unterwerfen. Die Besteuerung kann sowohl durch individuelle Veranlagung im Bestimmungsmitgliedstaat oder durch Anwendung der One-Stop-Shop-Regelung zentral über das BZSt erfolgen.
Damit hat U im 1. Quartal 2021, 2. Quartal 2021 und im 3. Quartal 2021 die maßgebliche Grenze jeweils nicht überschritten. Die Summe seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen und innergemeinschaftlichen Drei...