Leitsatz
1. Ein mehrere freigebige Zuwendungen zusammenfassender Schenkungsteuerbescheid, der die einzelnen der Besteuerung unterworfenen Lebenssachverhalte nicht konkret bezeichnet, ist mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig (BFH, Urteil vom 15.03.2007, II R 5/04, BStBl II 2007, 472, BFH-PR 2007, 271).
2. Bleiben dem FA die Umstände, die es ihm ermöglichen würden, die Steuer für die Einzelzuwendungen getrennt festzusetzen, deshalb unbekannt, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten (§ 90 AO), insbesondere seine Steuererklärungspflichten (§ 149 Abs. 1 AO), verletzt hat, kann sich das FA darauf beschränken, die Steuer unter Angabe des mutmaßlichen Zeitraums, in dem mehrere, der Anzahl und Höhe nach unbekannte Zuwendungen vorgenommen wurden, nach einem einheitlichen (Schätz-)Betrag, der alle Zuwendungen umfassen soll, einheitlich festzusetzen.
Normenkette
§ 90, § 119 Abs. 1, § 124 Abs. 3, § 149 Abs. 1, § 162 AO, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
Sachverhalt
Der Kläger ist ein eingetragener Sportverein. Bei einer Außenprüfung fielen dem FA die Etatplanungen für mehrere Jahre in die Hände. Danach rechnete der Kläger mit jährlichen Zahlungen seitens dreier seiner Mitglieder. Angegeben war lediglich der von diesen Mitgliedern erwartete jährliche Gesamtbetrag.
Das FA erblickte in den Zahlungen Geldzuwendungen an den Kläger. Es forderte ihn zunächst vergeblich auf, Schenkungsteuererklärungen abzugeben, und erließ sodann im Schätzungsweg getrennt nach Mitgliedern und Jahren Schenkungsteuerbescheide. Lediglich bezüglich eines der Geldgeber fasste es die Zuwendungen zweier Jahre in einem Bescheid und einer Summe zusammen.
Das FG hob sämtliche Bescheide mangels Bestimmtheit auf (EFG 2006, 549). Sie seien nichtig, da so viele Schenkungen vorlägen, wie Zahlungen geleistet worden seien, und diese nicht jahresweise unaufgeschlüsselt in einem Bescheid zusammengefasst werden dürften. Daran ändere die Schätzungsbefugnis des FA nichts.
Entscheidung
Der BFH bestätigte nur die Nichtigkeit des Bescheids, in dem die Zahlungen zweier Jahre unaufgeschlüsselt erfasst waren. Im Übrigen widersprach er dem FG. Die restlichen Bescheide seien trotz des Gebots, bei einer Zusammenfassung in einem Bescheid die Steuerschuld nach den verschiedenen Zuwendungen aufzugliedern, nicht nichtig. Dem Steuerpflichtigen dürfe kein Vorteil daraus erwachsen, dass er sich seinen Mitwirkungspflichten entzieht, obwohl die erforderlichen Angaben in seine Informationssphäre fallen. Ist dem FA ausnahmsweise eine Zusammenfassung in einem Bescheid gestattet, ist als der für die Steuerentstehung maßgebliche Ausführungszeitpunkt i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG das Ende des im Bescheid angegebenen Zeitraums für die Einzelzuwendungen anzusehen.
Hinweis
1. Die vorliegende Entscheidung wirkt der Versuchung entgegen, bei einer Vielzahl einzelner Zuwendungen Steuerfestsetzungen, die den Anforderungen an die Bestimmtheit hinsichtlich des Zeitpunkts der Steuerentstehung und – insbesondere bei Geldzuwendungen – des Umfangs der einzelnen Schenkung genügen, dadurch unmöglich zu machen, dass den Finanzbehörden die dazu erforderlichen Angaben vorenthalten werden.
Mit Urteil vom 15.03.2007, II R 5/04 (BFH-PR 2007, 271) hatte der BFH noch einmal die Anforderungen an die Bestimmtheit von Schenkungsteuerbescheiden zusammengefasst und darauf hingewiesen, dass allein § 14 Abs. 1 ErbStG eine taggenaue Ermittlung des Zahlungszeitpunkts für jede einzelne Zuwendung erfordert und daher auch bei einer Zusammenfassung mehrerer Schenkungen in einem Bescheid für jede einzelne Zuwendung der Entstehungszeitpunkt und die Höhe der Steuer – ggf. aus einer Anlage oder einer anderen dem Steuerpflichtigen bereits bekannten Unterlage – erkennbar sein müssen. Dies sollte aber nicht zu der Annahme verleiten, man brauche nur die Angaben zu Zeitpunkt und Umfang der einzelnen Zuwendungen zu verweigern und schon sei der Erlass wirksamer Bescheide unmöglich. Bereits in BFH-PR ist auf die damals noch offene Frage hingewiesen worden, wie sich bei einer verweigerten Mitwirkung die Schätzungsbefugnis nach § 162 AO auswirkt. Darüber gibt nunmehr die vorliegende Entscheidung Aufschluss.
Die Schätzung hatte für die Punkte Klarheit zu schaffen, die zu den genannten Bestimmtheitsanforderungen geführt haben. Sie musste daher den Zeitpunkt fixieren, mit dem die einzelne Zuwendung einem oder mehreren Zehnjahreszeitraum bzw. -räumen zugeordnet werden kann. Da es bei verweigerter Mitwirkung mangels jeglicher Anhaltspunkte keinen Sinn machte, im Schätzungsweg einzelne Zuwendungszeitpunkte festzulegen und diese jeweils mit geschätzten Beträgen zu verbinden, lag die aus dem 2. Leitsatz ersichtliche Schätzungsmethode nahe.
Für die Festsetzungsfrist und für § 14 Abs. 1 ErbStG maßgeblicher Steuerentstehungszeitpunkt ist dabei der Ablauf des vom FA zugrunde gelegten Schätzungszeitraums. Im Streitfall waren dies die betroffenen Kalenderjahre. Das bedeutet aber nicht, dass damit die Schenkungsteuer zu eine...