6.1 Ist die Höhe der Säumniszuschläge angemessen?
FG Münster, Beschluss v. 16.12.2021, 12 V 2684/21 AO
Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich mit Beschluss vom 8.7.2021 die Vollverzinsung nach § 233a AO für unzulässig erklärt. Spätestens ab 2019 dürfen die Zinsen von 6 % auch nicht mehr erhoben werden. Vor diesem Hintergrund ist umstritten, ob die Festsetzung von Säumniszuschlägen für die verspätete Zahlung von Steuern i. H. v. 1 % pro Monat noch als verfassungsgemäß angesehen werden kann. Die Finanzgerichte sind hierzu unterschiedlicher Ansicht.
Das FG Münster hat verfassungsrechtliche Zweifel gesehen, das FG Düsseldorf, Urteil v. 22.4.2021, 12 K 1420/20 AO, nicht. Beide Entscheidungen liegen nun dem BFH vor. Was sollten nun Steuerpflichtige unternehmen, wenn Säumniszuschläge festgesetzt werden? Sie sollten in jedem Fall Einspruch gegen diese Festsetzung erheben, um keine Bestandskraft bezüglich der Festsetzung eintreten zu lassen und sich auf die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken und die anhängigen Verfahren beim BFH berufen. Der Beschluss des FG Münster geht dabei über die bisherigen Entscheidungen des BFH zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge hinaus. Der BFH hat nämlich eine Verfassungswidrigkeit nur insofern gesehen, als in den Säumniszuschlägen auch ein Zinsanteil enthalten ist. Das FG Münster sieht hingegen wohl allgemeine Bedenken an der Höhe der Säumniszuschläge insgesamt. Weiteres wird der BFH zu klären habe, Az beim BFH II B 3/22.
6.2 Minderjährige Kinder als stille Beteiligte: Was beim Vertragsschluss beachtet werden muss
BFH, Urteil v. 23.11.2021, VIII R 17/19
Die Entscheidung verdeutlicht, dass gegen das vielfach praktizierter "Steuersparmodell" grundsätzlich nichts einzuwenden ist, solange die angeführten Aspekte beachtet sind. Der BFH hebt dazu besonders hervor, dass Gesellschaftsverträge zwischen nahen Angehörigen auch dann anerkannt werden können, wenn - wie im Streitfall - die Beteiligung oder die zum Erwerb der Beteiligung aufzuwendenden Mittel unentgeltlich zugewendet wurden, sofern die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen (zivilrechtliche Wirksamkeit, Fremdüblichkeit, Durchführung) erfüllt sind (BFH, Urteil v. 12.5.2016, IV R 22/13, BFH/NV 2016 S. 1559; BFH, Urteil v. 17.4.2017, IV R 52/11, BFH/NV 2014 S. 1949). Der Zuführung von Mitteln kann es gleichstehen, wenn vom Kapitalkonto des Geschäftsherrn Beträge zur Erfüllung der Einlageverpflichtung der Gesellschafter umgebucht werden und diese während der Dauer der Gesellschaft der Verlustverrechnung unterliegen.
Aus der Entscheidung ergibt sich auch, dass eine gesellschaftsrechtliche Gestaltung unter Angehörigen nicht mehr oder weniger pauschal, sondern nur aufgrund einer fundierten Gesamtwürdigung der Einzelumstände beurteilt werden kann. Naturgemäß liegt der Schwerpunkt des Streits damit auf der Ebene der Tatsachen. Diese sollten möglichst vollständig dargelegt werden.