1 Arbeitsrecht
1.1 Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Wechsel auf monatliche Zahlung darf nicht einseitig beschlossen werden
LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.1.2024, 3 Sa 4/23
Das LAG hat die Revision für den Arbeitgeber zugelassen, da das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich mit der Frage, ob vor Eintritt ihrer Fälligkeit unwiderruflich und vorbehaltslos erbrachte Abschlagszahlungen auf Sondervergütungen für den Mindestlohn erfüllungswirksam sind, bisher noch nicht befasst habe.
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung kein Arbeitslohn
Der für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erforderliche geldwerte Vorteil liegt nach ständiger Rechtsprechung insbesondere im Falle der Übertragung einer Beteiligung nicht in der übertragenen Beteiligung selbst. Er besteht – soweit der Erwerb einer Mitarbeiterbeteiligung in Rede steht – vielmehr in der Verbilligung, also in dem Preisnachlass. Der Erwerb einer solchen Beteiligung zum marktüblichen Preis kann hingegen keinen geldwerten Vorteil in diesem Sinne bewirken. Dementsprechend begründet folgerichtig auch die marktübliche Veräußerung einer Beteiligung durch den Arbeitnehmer keinen geldwerten Vorteil. Ein solcher kann nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer bei der Veräußerung einen marktunüblichen Überpreis erzielt.
Der Veräußerungsgewinn im Jahr 2007 wurde auch nach Auffassung des Finanzamts von keinem anderen Steuertatbestand erfasst, der Gewinn war im Ergebnis also steuerfrei. Ab 2018 werden derartige Veräußerungserlöse jedoch als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert; allerdings nur mit dem gesonderten Steuertarif von 25%. Die Attraktivität derartiger Beteiligungsmodelle wird damit eingeschränkt, verliert aber angesichts des regelmäßig höheren individuellen Steuersatzes der an solchen Gestaltungen beteiligten Arbeitnehmern aus der Führungsebene nicht an Attraktivität.
2.2 Verdeckte Gewinnausschüttung: Finanzamt in der Beweispflicht
FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid v. 16.8.2023, 10 K 2082/21
Die Steuerberatung sollte beachten, dass die Rechtsprechung der Finanzgerichte (zu Recht) dazu tendiert, klar zwischen den Vermögensebenen einer Kapitalgesellschaft und dessen Gesellschafter-Geschäftsführer zu unterscheiden. So hat auch das FG Münster letztens entschieden, dass keine nachteiligen Schlüsse zu Lasten der Kapitalgesellschaft gezogen werden könnten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Herkunft der bei ihm festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse nicht aufklärt (FG Münster, Urteil v. 18.5.2022, 10 K 261/17 K,U).
2.3 Zur Zulässigkeit einer im Jahr 2022 durch eine Steuerberatungsgesellschaft per Telefax erhobenen Klage
BFH, Urteil v. 18.10.2023, XI R 39/22
Das Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des BGH und des BAG ab. Die Beschlüsse des BGH zu einem anwaltlichen Insolvenzverwalter (v. 24.11.2022, IX ZB 11/22, MDR 2023 S. 189) und zu einem anwaltlichen Verfahrenspfleger (v. 31.1.2023, XIII ZB 90/22, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2023 S. 719) sowie v. 31.5.2023, XII ZB 428/22, MDR 2023 S. 1133 zu einem anwaltlichen Berufsbetreuer, die die Nutzungspflicht des jeweils betreffenden Rechtsanwalts bejaht haben, sind mit einem Rechtsanwalt und Steuerberater, der (auch) als Rechtsanwalt zeichnet, vergleichbar, nicht jedoch mit einem Rechtsanwalt, der als gesetzlicher Vertreter einer prozessbevollmächtigten Steuerberatungsgesellschaft mbH handelt.
Soweit das BAG in seinem Beschluss v. 23.5.2023, 10 AZB 18/22, BB 2023 S. 1395 die Nutzungspflicht eines Syndikusanwalts, der für einen Verband erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt, bejaht hat, hat es sich von dem BFH-Zwischenurteil v. 25.10.2022, IX R 3/22, BStBl 2023 II S. 267 – zu einer Steuerberatungsgesellschaft mbH, die, wie vorliegend, durch ihren als Rechtsanwalt zugelassenen gesetzlichen Vertreter handelte – ausdrücklich abgegrenzt und insoweit eine Abweichung selbst ausgeschlossen.
Soweit das BAG mit Beschluss v. 21.9.2023, 10 AZR 512/20, BB 2023 S. 2419 die Nutzungspflicht eines Verbandsvertreters, der nicht als Syndikusanwalt zugelassen ist, selbst für den Fall verneint hat, dass dieser außerhalb des Arbeitsverhältnisses zum Verband über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt, stimmt dies mit der Rechtsprechung des BFH überein.
3 Kapitalanlage & Versicherung
3.1 Containergeschäfte: Unternehmerische Tätigkeit oder Kapitalanlagen?
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.11.2023, 8 K 2173/21
Im Streitfall war entscheidend, dass der Steuerpflichtige mangels eigener Sachherrschaft keinen Besitz oder eine sonstige Einwirkungsmöglichkeit an irgendwelchen Containern überlassen konnte. Bei rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise hatte der Steuerpflichtige deshalb nicht Container, sondern Kapital zur Nutzung überlassen und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Da das FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, wird die Streitfrage ggf. im Revisionsverfahren endgültig geklärt werden.
4 Land- und Forstwirtschaft
4.1 Versteuerung sofort bei Zufluss versus Verteilung auf Laufzeit
BFH, Urteil v. 12.12.2023, IX R 18/22
Der Vortrag des Klägers, dass eine Kündigung im Streitfall die einzig wirtschaftlich sinnvolle Option sei, stelle lediglich dessen eigene Wertung dar. Objektive Gesichtspunkte, die diesen Schluss zulassen würden, fehlten. So lasse sich dem Vertrag weder entnehmen, für welche konkreten Maßnahmen die vertragsgegenständlichen Flächen zur Verfügung gestellt worden seien, noch sei geregelt, für welche Projekte die – nicht näher bezeichneten – Öko...