8.1 Kinderbetreuungskosten: Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit verfassungswidrig?
BFH, Urteil v. 11.5.2023, III R 9/22
Abziehbare Sonderausgaben sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i. S. d. § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG).
8.2 Kindesunterhalt unrichtig angegeben: Kann der Steuerbescheid geändert werden
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.3.2023, 4 K 4006/22
Mit diesem rechtskräftigen Urteil hat das FG weiter entschieden, dass eine offenbare Unrichtigkeit der Kläger, die vom Finanzamt übernommen wurde, nicht vorliegt, da die fehlerhaften Angaben in den Steuererklärungen auf einem Rechtsirrtum der Kläger beruhten.
8.3 Operative Fettabsaugung (Liposuktion): Aufwendungen können abziehbar sein
BFH, Urteil v. 23.3.2023, VI R 39/20
Der BFH hatte für 2010 die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen FG bestätigt, bei der Liposuktion handele es sich nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Methode (BFH, Urteil v. 18.6.2015, VI R 68/14, BStBl 2015 II S. 803). Dem folgten mehrere FG und wiesen entsprechende Klagen ab.
Mit dem vorliegenden Urteil hat der BFH seine Meinung insoweit geändert, als er ab 2016 eine Wandlung im Stand der Wissenschaft anerkennt. Die Vorinstanz (Sächsisches FG, Urteil v. 10.9.2023, 3 K 1498/18, EFG 2021 S. 43) hatte aufgrund einer eigenen umfangreichen Literaturrecherche eine entsprechende Wandlung festgestellt. Ob eine Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist, hat das FG anhand der Einzelumstände festzustellen. An die entsprechende Feststellung ist der BFH sodann gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Der BFH ergänzt, dass die Anforderungen an die Handlungsempfehlungen der Expertengremien nicht überspannt werden dürfen. Denn wie sich den in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV aufgeführten Regelbeispielen entnehmen lässt, soll sich das formalisierte Nachweisverlangen nur auf Aufwendungen für Behandlungsmethoden erstrecken, deren Auswirkung auf die Heilung oder Linderung regelmäßig nicht messbar ist. Der Nachweis der Zwangsläufigkeit kann daher durch ein "normales" Attest i. S. v. § 64 Abs. 1 Satz 1 EStDV geführt werden.
Mit Urteil v. 7.7.2020, 3 K 54/20, EFG 2021 S. 211, hat das Thüringer FG für 2016 die Liposuktion als nicht wissenschaftliche Behandlungsmethode gewertet. Dagegen ist die Revision anhängig (Az. VI R 36/20).
8.4 Zentralversand von Steuerbescheiden: Gilt die Dreitagesfiktion?
FG Hamburg, Urteil v. 13.4.2023, 5 K 92/22
Das Urteil ist rechtskräftig.