9.1 Besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach: Wann es genutzt werden muss
FG Nürnberg, Beschluss v. 19.4.2023, 6 V 357/23
Die Einführung des beSt erfolgte zum 1.1.2023 und alle initialen Registrierungsbriefe wurden bis zum 17.3.2023 versandt. Ab Zustellung des Registrierungsbriefs unterliegen Angehörige des Berufsstands der Verpflichtung, das beSt einzurichten und es besteht eine aktive Nutzungspflicht für Zustellungen von elektronischen Dokumenten an die Gerichte.
Zur Frage, ob Steuerberater bereits ab dem 1.1.2023 und damit vor Erhalt des Registrierungsbriefs zur aktiven Nutzung des beSt verpflichtet waren, liegen bereits mehrere, teilweise divergierende Entscheidungen der Instanzengerichte vor. Allerdings geht der BFH von einer grundsätzlichen Pflicht zur Nutzung mit der Fast lane der Bundessteuerberaterkammer ab dem 1.1.2023 aus (BFH, Beschluss v. 28.4.2023, XI B 101/22). Zwischenzeitlich ist allerdings ein weiteres Revisionsverfahren zu der in Rede stehenden Frage anhängig, Az beim BFH X R 12/23.
9.2 Corona-Hilfen sind keine außerordentlichen Einkünfte
FG Münster, Urteil v. 26.4.2023, 13 K 425/22 E
9.3 Corona-Lockdown: Sind Leistungen eines Fitnessstudios steuerbar?
FG Hamburg, Urteil v. 16.2.2023, 6 K 239/21
Die Revision ist beim BFH anhängig (Az. XI R 5/23).
Eine andere Entscheidung wurde in einem ähnlichen Fall vom Schleswig-Holsteinischen FG getroffen. Das Gericht hat in diesem Verfahren entschieden, dass es sich um umsatzsteuerpflichtiges Entgelt handelte.
9.4 Sind Zahlungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten dem Gewinn hinzuzurechnen?
BFH, Urteil v. 23.2.2023, IV R 37/18
Die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten widerspricht nach Auffassung des BFH auch nicht dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Der Gesetzgeber ging bei Schaffung des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG davon aus, dass dem Gewerbebetrieb bei der zeitlichen Überlassung von Rechten Sachkapital überlassen werde. In den Aufwendungen für die Überlassung dieser Rechte sei auch ein Finanzierungsanteil enthalten. Mit der (teilweisen) Hinzurechnung dieser Aufwendungen sei der Gleichstellung von Unternehmen gedient, die mit Eigen- und Fremdkapital finanziert seien. Diese Zwecke werden durch die Hinzurechnung von Vergütungen für die Überlassung von Kabelweitersenderechten nicht verfehlt. Die X-KG hätte alternativ zur Zahlung einer Vergütung für ein zeitlich befristet überlassenes Recht auf Weitersendung eines Werks in ihrem Kabelsystem auch ein dauerhaftes Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 1 UrhG) erwerben können.
9.5 Tätigkeit als Schuldnerberater nicht umsatzsteuerbefreit
Niedersächsisches FG, Urteil v. 5.9.2022, 11 K 56/22
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Dieser althergebrachte Rechtsgrundsatz wurde quasi sinngemäß auch bei der Prüfung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG angewandt. Da das FG-Urteil zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist, wird man es in der Praxis zu beachten haben. Für klassische Einzelunternehmer und Freiberufler dürfte dies bedeuten, dass sie für eine "nebenberuflich" ausgeübte Schuldnerberatung die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen können.
Anders sieht die Sache z. B. aus, wenn freiberuflich tätige Rechtsanwälte, Pädagogen sowie Kinder- und Jugendpsychologen Leistungen als Verfahrensbeistand erbringen, diesbezüglich kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. d UStG in Betracht kommen, wie das BMF erst kürzlich verfügt hat (BMF, Schreiben v. 28.4.2023, III C 3 – S 7183/19/10003 :002).
9.6 Übernahme von ärztlichen Diensten für Polizeibehörden nicht umsatzsteuerfrei
FG Münster, Urteil v. 9.5.2023, 15 K 1953/20 U
Das FG Münster hat die Revision zum BFH zugelassen.
9.7 Verwertung sicherungsübereigneter beweglicher Wirtschaftsgüter: Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit
BFH, Urteil v. 14.12.2022, X R 9/20
Masseverbindlichkeiten sind u. a. die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO).
9.8 Wann eine Moderationstätigkeit nicht künstlerisch, sondern gewerblich ist
FG Düsseldorf, Urteil v. 21.3.2023, 10 K 3063/17 G
Dreh- und Angelpunkt für die zutreffende Einkünftequalifikation war also die Frage, ob durch die Tätigkeit eine eigenschöpferische Leistung erbracht worden war, die über die bloße Darstellung der Wirklichkeit hinausging. Die Revision wurde zugelassen, ein Aktenzeichen des BFH ist nicht bekannt.