6.1 Abschreibung einer Produktionshalle: Wann liegt eine Leichtbauweise vor?
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.6.2019, 5 K 1971/17
Auch wenn die amtlichen AfA-Tabellen für die Gerichte nicht bindend sind, so bilden sie doch in aller Regel eine sachgerechte und typisierende Entscheidungsgrundlage, an der sich die Gerichte normalerweise orientieren. Steuerpflichtige sind daher gut beraten, die Abschreibung von Wirtschaftsgütern ebenfalls hiernach auszurichten. Abweichungen sind jedoch immer dann möglich, wenn außergewöhnliche Verhältnisse vorliegen, denn die AfA-Tabellen orientieren sich an der tatsächlichen Nutzungsdauer eines unter üblichen Bedingungen arbeitenden Betriebs.
6.2 Digitale Unterrichtsmaterialien: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?
FG Münster, Urteil v. 28.1.2020, 15 K 2629/17 U
Die Entscheidung hat insbesondere für "Altfälle" Bedeutung. Im Jahre 2018 ist nämlich die Mehrwertsteuersystemrichtlinie dahingehend geändert worden, dass sie den Mitgliedstaaten nunmehr die Möglichkeit einräumt, auf Umsätze mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Erzeugnissen unabhängig von der äußeren Form der Publikation einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber hat deshalb im Rahmen des "Jahressteuergesetzes 2019" § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG neu in das UStG eingefügt. Danach unterliegt die Überlassung der in Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a bis e UStG und Anlage 2 Nr. 50 UStG bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form dem ermäßigten Steuersatz, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten, ebenso entsprechende Veröffentlichungen in der Form von Websites, Apps oder anderen Anwendungen.
6.3 In-App-Käufe: Welcher Umsatzsteuersatz gilt?
FG Hamburg, Urteil v. 25.2.2020, 6 K 111/18
Das Finanzgericht hat sich ausdrücklich auf die sog. Ladenrechtsprechung des BFH bezogen (BFH, Urteil v.15.5.2012, XI R 16/10; BFH, Urteil v. 16.12.1987, X R 32/82). Danach ist für die Bestimmung der Leistungsbeziehungen zu beachten, dass derjenige, der im eigenen Laden Waren verkauft, umsatzsteuerlich grundsätzlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler anzusehen ist. Maßgebend wird insoweit auf das Außenverhältnis abgestellt.
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.2015 § 3 Abs. 11a UStG eingeführt hat. Danach ist die Rechtslage – zumindest auf den ersten Blick – etwas klarer. Die "Leistungskommission" im Zusammenhang mit bestimmten elektronischen Dienstleistungen ist dort ausdrücklich festgehalten. So wird zumindest grundsätzlich für alle Endkundenumsätze über Plattformen wie App Stores eine Dienstleistungskommission fingiert. Doch auch mit dieser Vorschrift bleibt noch Einiges unklar. Insbesondere kann die Vorschrift abbedungen werden, indem dies "in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck kommt" und in der Rechnungsstellung abgebildet wird.
6.4 Mehrere selbstständige Betriebe unter einem Dach: Liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor?
BFH, Urteil v. 17.6.2020, X R 15/18
Die Entscheidung bricht die Zweiteilung in vollkommen gleichartige und ungleichartige Betätigungen auf und anerkennt Grenzfälle, für die die Betätigungsgleichheit und der Zusammenhang in Wechselbeziehung stehen.
Je mehr die Verschiedenartigkeit der Betätigungen bejaht wird, umso höher sind die Anforderungen an den wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang, um zu einem einheitlichen Betrieb zu führen. Bei einem höheren Gleichheitsgrad ist entsprechend früher ein einheitlicher Betrieb anzuerkennen.
Der BFH lässt wohl erkennen, dass im Streitfall ein einheitlicher Betrieb in Betracht kommt. Denn er verweist auf das Urteil v. 12.1.1983, IV R 177/80 (BStBl 1983 II S. 425). Dort hat der BFH für einen Gastronomiebetrieb darauf abgestellt, dass jeweils Speisen und Getränke angeboten würden und die Andersartigkeit in der Leistungspräsentation durch (weitere) sachliche Zusammenhänge (Geschäftsführung, Teile der Arbeitnehmer, Teile des Anlagevermögens) aufgewogen werde. In einem solchen Fall genüge es bereits, wenn "in gewisser Weise" eine organisatorische Verflechtung bestehe.
6.5 Teilweise privat genutzter Pkw: So wird bei Verkauf der Gewinn berechnet
BFH, Urteil v. 16.6.2020, VIII R 9/18
Der BFH schließt sich der ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung an. Dass die Besteuerung der Nutzungsentnahme einschließlich der anteiligen AfA sich nicht auf den Veräußerungsgewinn auswirkt, ist bereits durch das BFH, Urteil v. 25.3.2015 (X R 14/12, BFH/NV 2015 S. 973) vorgezeichnet. Das Ergebnis entspricht der Gesetzessystematik. Es erscheint konsequent, weil umgekehrt im Falle einer betrieblichen Mitnutzung eines zum Privatvermögen gehörenden Wirtschaftsguts der Aufwand im Umfang des betrieblichen Nutzungsanteils einschließlich der anteiligen AfA im Wege der Aufwandseinlage als Betriebsausgabe anzusehen ist, ein Gewinn aus der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts aber grundsätzlich als nicht steuerbar behandelt wird (BFH, Urteil v. 25.3.2015, X R 14/12, BFH/NV 2015 S. 973, Rz. 21).
6.6 Umsatzsteuer: Welcher Steuersatz gilt für Techno- und House-Konzerte
BFH, Urteil v. 10.6.2020, V R 16/17
Ob die Darbietungen der DJs die Ve...