9.1 Differenzbesteuerung: Wer trägt die Beweislast?
FG Düsseldorf, Urteil v. 24.3.2021, 5 K 1414/18 U
Der BFH wird in der insoweit anhängigen Revision, Az beim BFH XI R 15/21, insbesondere zu prüfen haben, ob das FG die Grundsätze des Urteils EuGH, Urteil v. 18.5.2017, C-624/15 (Litdana) im Streitfall zutreffend angewendet hat.
9.2 Gehört Schwimmunterricht zum steuerbefreiten Schulunterricht?
EuGH, Urteil v. 21.10.2021 C-373/19 – Dubrovin & Tröger – Aquatics
In einem früheren Urteil musste der EuGH bereits entscheiden, ob die Erteilung des Fahrschulunterrichts unter diese Regelung fällt. Dies hatte er verneint (EuGH, Urteil v. 14.3.2019 C-449/17 – A & G Fahrschulakademie GmbH), weil sich der Fahrschulunterricht nur auf die Vermittlung spezialisierter Kenntnisse beschränke.
9.3 Investitionsabzugsbetrag: Was passiert bei Betriebsaufgabe im Folgejahr?
BFH, Urteil v. 28.7.2021, X R 30/19
Die Auffassung des BFH entspricht der weitgehenden Schrifttumsmeinung. Der BFH widerspricht allerdings der Verwaltungsauffassung in dem BMF-Schreiben v. 20.11.2013, BStBl 2013 I S. 1493, Rz. 37. Danach liegt eine schädliche Verwendung vor, wenn das Wirtschaftsgut vor dem Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung/Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs aus dem begünstigten Betrieb ausscheidet. Allein schon aufgrund der Wortauslegung ist der BFH-Auffassung zuzustimmen. Wie dagegen der gedachte Fall zu behandeln wäre, dass das Wirtschaftsgut am 30.12. angeschafft und der Betrieb am 2.1. des Folgejahres aufgegeben wird, wurde vom BFH ausdrücklich offengelassen.
9.4 Montage von Photovoltaikanlagen: Keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.7.2018, 1 K 1029/18
Zu der im Streitfall geltenden Rechtslage hat der BFH bereits mit Urteil v. 28.8.2014, V R 7/14, entschieden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG sind. Diese Rechtsprechung wurde von der Finanzverwaltung jedoch nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewendet (BMF, Schreiben v. 28.7.2015, III C 3 - S 7279/14/10003). Schließlich wurde durch das Steueränderungsgesetz 2015 mit Wirkung vom 6.11.2015 der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers von Bauleistungen "klarstellend" überarbeitet (BMF, Schreiben v. 10.8.2016, III C 3 - S 7279/16/10001).
9.5 Vermietungsumsätze: Voraussetzungen einer Option zum Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung
FG Münster, Urteil v. 14.5.2020, 5 K 3628/19 U
Die Finanzverwaltung machte im Streitfall geltend, dass es sich bei der aufgeworfenen Frage, wie § 9 Abs. 2 UStG auszulegen sei, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handele. Das Finanzgericht sah dies jedoch anders. Die vom Finanzamt aufgeworfene Rechtsfrage ist danach wegen der eindeutigen, sich aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergebenden Rechtslage nicht klärungsbedürftig, weshalb das Urteil mittlerweile rechtskräftig wurde.
9.6 Wann liegt gewerblicher Goldhandel vor?
FG München, Urteil v. 20.11.2020, 7 K 36/18
Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit des Vorliegens einer Betriebsstätte im DBA-Ausland, da nur so das Besteuerungsrecht Deutschlands zugunsten des Betriebsstättenstaates verlagert werden kann. Liegt demnach eine Betriebsstätte im DBA-Ausland vor, erfolgt keine Besteuerung in Deutschland, sondern eine Freistellung der ausländischen Einkünfte unter Progressionsvorbehalt. Werden dabei Verluste im DBA-Ausland erzielt, ermöglicht der negative Progressionsvorbehalt eine Reduktion des deutschen Steuersatzes.
9.7 Zum Ausscheiden eines Gesellschafters und Abfindungsansprüchen Dritter
BFH, Urteil v. 8.6.2021, II R 2/19
Mit der Reform der ErbSt ab 2009 ergeben sich für die Bewertung des Anteils eines ausscheidenden Gesellschafters allgemein höhere Wertansätze. Das könnte zur Folge haben, dass der Wert des Anteils eines ausscheidenden Gesellschafters eher als bisher die Abfindungsansprüche Dritter übersteigt und damit zur Besteuerung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 ErbStG führt.
9.8 Zur Umsatzsteuer-Berichtigung nach Scheingeschäften
BFH, Beschluss v. 27.7.2021, V R 43/19
Dem FA kann daher über den bei ihm gestellten Antrag durch einen eigenständigen Verwaltungsakt entscheiden. Das ist allerdings nicht zwingend. Es kann seine Zustimmung auch stillschweigend durch den Erlass eines Änderungsbescheids erteilen.
Der Rechtsschutz des Rechnungsausstellers wird dadurch nicht beeinträchtigt. Denn sieht er die zeitliche Zuordnung des Berichtigungsanspruchs durch das FA als unzutreffend an, kann er für den von ihm als zutreffend erachteten Zeitraum bei einer unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Steueranmeldung einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO stellen. Es ist dann über die zeitliche Zuordnung des Berichtigungsanspruchs zu entscheiden, wobei im Erfolgsfall der andere Steuerbescheid ggf. nach § 174 AO zu ändern ist.
9.9 Zu Teilwertabschreibungen auf unbesicherte Konzerndarlehen
BFH, Urteil v. 9.6.2021, I R 32/17
Der BFH hebt hervor, dass die Ausreichung unbesicherter Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft eine Würdigung des einer Tochtergesellschaft eingeräumten Darlehens am Maßstab der fremdüblichen Kreditgewährung nicht ersetzen kann. Der Fremdvergleich hat sich vielmehr auch hier am Markt für unbesicherte Darlehen und an der der konkreten darlehensnehmenden Tochtergesellschaft zu orientieren. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Bei einer am Bilanzgewinn orientierten variablen Verzinsung sind insbesondere die konkreten Ertragsaussichten der darlehensnehmenden Gesellschaft zu berücksichtigen. Die Konzernüblichkeit der fehlenden Bes...