2.1 Ist ein Crowdworker ein Arbeitnehmer?
LAG München, Urteil v. 4.12.20198, Sa 146/19
Oftmals reichen eine App und ein Klick, um den Auftrag zu übernehmen: Crowdworker bewegen sich arbeitsrechtlich in einer Grauzone. Derzeit steht zur Diskussion, wie die wachsende Aufgabenvergabe über digitale Plattformen rechtlich einzustufen ist.
Ob im vorliegenden Fall möglicherweise, jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde, überprüfte das Gericht nicht. In der Entscheidung war dies nicht relevant, da die Unwirksamkeit der Befristung nicht innerhalb der Frist geltend gemacht wurde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LAG München die Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen.
2.2 Rechtswidrige Versetzung: Arbeitgeber muss Schadensersatz zahlen
BAG, Urteil v. 28.11.2019; 8 AZR 125/18; Vorinstanz: LAG Hessen, Urteil v. 10.11. 2017, 10 Sa 964/17
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber aufgrund seines arbeitsrechtlichen Weisungsrechts die Versetzung einseitig anordnen. Dabei muss er sich an die Grenzen des Direktionsrechts halten. Wird in einem Rechtsstreit festgestellt, dass eine Versetzung rechtswidrig war, schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Schadensersatz. Dies erkannte das BAG im Fall eines Betriebsleiters an, der 480 km weit entfernt nach Sachsen versetzt wurde. In der Entscheidung nahmen die Richter insbesondere zur Frage der Berechnung Stellung.
2.3 Outgesourcte Dienstleistungen bei Betrieb von Geldautomaten nicht umsatzsteuerfrei
BFH, Urteil v. 13.11.2019, V R 30/19 (V R 6/15)
Die Steuerpflicht der von den externen Dienstleistern bezogenen Leistung bedeutet für die Banken eine zusätzliche Belastung, da sie insoweit regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dadurch kann sich die Benutzung von Geldautomaten entsprechend verteuern.
2.4 Was passiert bei Vorlage unvollständiger, aber ergänzungsfähiger Rechnungen im Vorsteuervergütungsverfahren?
BFH, Urteil v. 15.10.2019, V R 19/18
Nach dem EuGH-Urteil Senatex ist die Berichtigung der Rechnung mit Rückwirkung für den Vorsteuerabzug möglich (EuGH, Urteil v. 15.9.2016, C-518/14, Senatex; BFH, Urteil v. 20.10.2016, V R 26/15). Mit der vorstehenden Entscheidung wendet der BFH diese Grundsätze auch im Vergütungsverfahren an. Gründe gegen die Übernahme dieser Rechtsprechung sind nicht ersichtlich.
Ergänzend bemerkt der BFH, dass es auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar wäre, wenn bereits jeglicher Vorlagemangel innerhalb der Antragsfrist zum endgültigen Ausschluss von der Vorsteuervergütung führen würde. Denn die Mitgliedstaaten müssen sich der Mittel bedienen, die das Prinzip des Rechts auf Vorsteuerabzug möglichst wenig beeinträchtigen.
2.5 Wann ist ein elektronischer Einspruch fristgerecht übermittelt?
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 25.9.2019, 7 V 7130/19
Das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Beschwerde zum BFH nicht eingelegt. Dem Vernehmen nach sehen die Finanzämter den Zugangsweg über das EGVP vor dem Hintergrund der Entscheidung des FG (nunmehr) allgemein als eröffnet an.
2.6 Wie eine innergemeinschaftliche Lieferung nachgewiesen werden kann
BFH, Urteil v. 26.9.2019, V R 38/18
Der Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfolgt in 3 Stufen:
Ist der Beleg- und Buchnachweis nicht erbracht, müssen die Voraussetzungen anhand der objektiven Umstände geprüft werden.
Schließlich kann Steuerfreiheit aus Vertrauensschutzgründen gewährt werden, wenn der Unternehmer die Vorgaben der UStDV befolgt hat und die inhaltliche Fehlerhaftigkeit des Beleg- und Buchnachweises nicht zu vertreten hat.
Der BFH bekräftigt, dass bei fehlendem Belegnachweis der Versendung in das Gemeinschaftsgebiet das FG nicht verpflichtet ist, eine Beweiserhebung durchzuführen (BFH, Urteil v. 10.3.2015, V R 14/14, BStBl II 2012 S. 912). Es ist jedoch dazu berechtigt und muss dann eine glaubhafte Zeugenaussage berücksichtigen. Für die Praxis bedeutet dies, dass das FG einem entsprechenden Beweisantrag grundsätzlich keine Folge leisten muss. Werden jedoch brauchbare Unterlagen eingereicht oder wird zur mündlichen Verhandlung ein aussagebereiter Zeuge präsentiert, wird dies – wie der Streitfall zeigt – vom FG nicht zurückgewiesen werden. Das Ergebnis einer sodann erfolgten Zeugenvernehmung darf das FG nicht unberücksichtigt lassen.
2.7 Umsatzsteuer: Verkauf von Backwaren in der Vorkassenzone unterliegt dem Regelsteuersatz
FG Münster, Urteil v. 3.9.2019, 15 K 2553/16 U
Die Entscheidung des FG entspricht der Verwaltungsauffassung (Abschn. 3.6 Abs. 5-6 Beispiel 16 UStAE). Die insoweit anstehende Revisionsentscheidung, Az beim BFH XI R 25/19, wird von der Praxis mit Spannung erwartet. Schließlich hat der BFH (Urteil v. 3.8.2017, V R 61/16) zu einer Cafeteria mit Tischen und Stühlen im Krankenhausvorraum auf ermäßigten Steuersatz entschieden, da auch eine Mitbenutzung der Tische und Stühle durch nicht in der Cafeteria konsumierende Patienten möglich war und die Tische und Stühle dem Krankenhausbetreiber gehörten. Allerdings hat das Bundesfinanzministerium das oben genannte BFH-Urteil bisher leider nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
In ähnlichen Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
2.8 Zu Unrecht ausgewiesene und vom Rechnungsempfänger gezahlte Umsatzsteuer: Besteht ein Rückzahlungsanspruch?
BFH, Urteil v. 22.8.2019, V R 50/16
Der BFH präzisiert die Voraussetzungen eines Direktanspruchs auf "Rückzahlung" gezahlter Vorsteuer vom FA, die vom Leistungserbringer mangels Zahlungsfähigkeit nicht zurückerlangt werden kann. Erforderlich ist, dass in der Rechnung eine Leistung des Rechnungsaus...