1 Kapitalanlage & Versicherung
1.1 Abzinsung von Darlehensverbindlichkeiten: Ist der Zinssatz von 5,5 % verfassungsgemäß?
FG Münster, Urteil v. 22.7.2021, 10 K 1707/20 E,G
1.1.1 Ausländischer "Spin-Off": Drittstaatenabspaltung als steuerneutraler Anteilstausch
BFH, Urteil v. 19.10.2021, VIII R 7/20
Rechtsfolge des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG ist, dass der "Spin-Off" und die damit verbundene Zuteilung der KFG-Aktien an die Eheleute im Streitjahr bei diesen keine Besteuerung auslöst. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der KFG-Aktien oder der M-Aktien gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (ggf. i.V.m. Abs. 2 Satz 2) EStG sind etwaige Veräußerungsgewinne zu besteuern. Dabei ist zu beachten, dass die KFG-Aktien auf Grund der Abspaltung steuerlich (anteilig) an die Stelle der bereits gehaltenen KFI- bzw. M-Aktien treten und deren Anschaffungskosten (anteilig) übernehmen.
1.1.2 Entschädigungszahlungen: Erlittene Verluste als Kapitaleinkünfte
Hessisches FG, Urteil v. 7.6.2021, 11 K 1725/16
Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Entschädigungszahlungen, die Anleger für Verluste erhalten, die aufgrund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, besondere Entgelte und Vorteile i. S. d. § 20 Abs. 3 EStG i. V. m. § 20 Abs. 1 EStG oder § 20 Abs. 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht, bei der ein konkreter Verlust entstanden ist oder ein steuerpflichtiger Gewinn vermindert wird. Dieses gilt auch dann, wenn die Zahlung ohne eine rechtliche Verpflichtung erfolgt und im Übrigen auch bei Entschädigungszahlungen für künftig zu erwartende Schäden. Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
1.1.3 Nahrungsergänzungsmittel: Kostenübernahme durch die Krankenkasse?
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 23.12.2021, L 16 KR 113/21
1.1.4 Wann ein Büro- und Organisations-Bonus eines Vermögensberaters umsatzsteuerfrei ist
Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.8.2021, 11 K 190/19
Das FG hat eine Revision mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen. Dagegen hat das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az beim BFH XI B 85/21.
2 Land- und Forstwirtschaft
2.1 Hofübergabe gegen Versorgungsleistungen: Leibrente oder dauernde Last?
BFH, Urteil v. 16.6.2021, X R 31/20
Das Urteil betrifft vor 2008 vereinbarte Versorgungsleistungen. Für diese sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. dauernde Lasten in vollem Umfang abziehbar, Leibrenten dagegen nur mit dem Ertragsanteil. Das Kriterium der Abänderbarkeit für die Abziehbarkeit als dauernde Last wird grundsätzlich durch den Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO in der Übergabe- und Versorgungsvereinbarung erfüllt. Der BFH stellt klar, dass die Einschränkung der Abänderbarkeit in Fällen eines pflegebedingten Mehraufwands nicht bereits die Annahme einer dauernden Last ausschließt, sofern noch ein relevanter Anwendungsbereich für eine Änderbarkeit der Leistungen verbleibt. Das war vorliegend der Fall. Zwar war die Übernahme der Kosten wegen des Mehrbedarfs der Eltern infolge einer (auswärtigen) Unterbringung in einem Heim sowie eine persönliche Pflege durch den X selbst ausgeschlossen worden. Vertraglich bestand aber die Möglichkeit zur Anpassung der Leistungen wegen eines Mehrbedarfs der Eltern aufgrund dauernder Pflegebedürftigkeit bei Unterbringung in der eigenen Wohnung, bei den Eheleuten X oder sonstigen Familienmitgliedern.
3 Lohn und Gehalt
3.1 Ausfallhonorar eines Architekten: Entgelt oder Schadensersatz?
BFH, Urteil v. 16.8.2021, V R 13/19
Der BFH stellt klar, dass die Auslegung von Verträgen an sich Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz ist und den BFH grundsätzlich bindet. Gleichwohl ist der BFH als Revisionsgericht nicht gehindert, die Auslegung des FG daraufhin zu prüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze zutreffend angewandt wurden und ob das FG die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat. Dazu hebt der BFH hervor, dass die bloße zahlenmäßige Konkretisierung keinen Anhalt für die Zuordnung als Entgelt für eine teilweise erbrachte Leistung oder als Zahlung ohne Entgeltcharakter bietet. Entscheidend ist, was die Parteien tatsächlich vereinbaren wollten.
3.2 Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG: Verbrauch auch bei fehlerhafter Berücksichtigung?
BFH, Urteil v. 28.9.2021, VIII R 2/19
Mit dem Verzicht auf einen Einspruch gegen die Festsetzung für 2006 verwirklichte sich letztlich das dem Steuerpflichtigen obliegende "Risiko", die einmalige Begünstigung des § 34 Abs. 3 EStG aufgrund vorzeitiger Inanspruchnahme nicht optimal nutzen zu können.
Die vom BFH fortgeführte Rechtsprechung wird im Schrifttum weitgehend geteilt. Allerdings wird auch vertreten, die Vergünstigungen nach § 16 Abs. 4, § 34 Abs. 3 EStG würden jedenfalls dann nicht verbraucht, wenn es – wie im Streitfall – an einem Veräußerungsgewinn fehle und sie daher nicht hätten in Anspruch genommen werden können. Dass sich der BFH auch in der aktuellen Entscheidung nicht ganz sicher war, dürfte der Formulierung zu entnehmen sein, er folge der bisherigen Rechtsprechung "aus Gründen der Rechtsprechungskontinuität".
4 Private Immobilienbesitzer
4.1 Kosten fürs Baumfällen sind als Betriebskosten umlagefähig
BGH, Urteil v. 10.11.2021, VIII ZR 107/20
Die Frage, ob Baumfällkosten umlagefähige Betriebskosten sind, war bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.
4.2 Übertragung von Vermögen auf ein Kind: Versorgungsleistung oder entgeltliche Übertragung?
BFH, Urteil v. 29.9.2021, IX R 11/19
Die Grundsatzentscheidung bringt Klarheit in Fällen der Übertragung von Privatvermögen gegen wiederkehrende Leistungen. Der BFH hatte das BMF zum Verfahrensbeitritt nach § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO aufgefordert (BFH v. 28.4.2020, IX R 11/19, BFH/NV 2020 S. 977). Der BFH teilt die Auffassung des BMF, dass wiederkehrende Leistungen i...