1.1 Folgen eines Rangrücktritts mit Tilgungsmöglichkeit aus sonstigem freien Vermögen
BFH, Urteil v. 19.8.2020, XI R 32/18
Der BFH ergänzt, den Gesetzesmaterialien sei nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber in den Regelungsbereich des § 5 Abs. 2a EStG auch Verbindlichkeiten einbeziehen wollte, die nach der Rangrücktrittsabrede zwar auch aus sonstigem Vermögen getilgt werden müssen, jedoch infolge des wirtschaftlichen Unvermögens des Schuldners gegenwärtig nicht bedient werden können. Dies entspricht auch der Rechtsaufassung der Verwaltung (BMF, Schreiben v. 8.9.2006, BStBl 2006 I S. 497).
1.2 GmbH: Wann kommt eine vereinfachte Gründung in Betracht?
OLG Stuttgart, Urteil v. 7.7.2020, 8 W 188/20
Die GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren erfolgt auf Grundlage eines notariell zu beurkundenden Musterprotokolls (Anlage zu § 2 Abs. 1a GmbHG). Als eine Art Lückentext gibt dieses den Rahmen für die Gründung vor und fasst die sonst für die Gründung erforderlichen Unterlagen (Gründungsurkunde, Satzung, Gesellschafterliste) in einer Urkunde zusammen.
Das Musterprotokoll reduziert die GmbH-Gründung auf wenige Punkte: Regelungen gibt es nur zu Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Stammkapital, Gesellschafter, Geschäftsführerbestellung (zulässig ist nur die Bestellung eines Geschäftsführers, der zwingend von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist) und Gründungsaufwand. Hierin liegt der wesentliche Nachteil des vereinfachten Verfahrens, denn von diesen Vorgaben darf nicht abgewichen werden (§ 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG). Über das Musterprotokoll hinausgehende Regelungen oder Abweichungen hiervon sind also nicht möglich. Zulässig sind damit nur Eintragungen in den vom Musterprotokoll freigelassenen Lücken, rein sprachliche Abweichungen (z. B. eine Umstellung der Wörter) und beurkundungsrechtlich gebotene Ergänzungen (z. B. Einschübe zur Identitätsfeststellung oder zur Vorbefassung des Notars). Alle anderen Änderungen führen dazu, dass es sich um eine "normale" GmbH-Gründung handelt und die hierfür geltenden Vorschriften (Pflicht zur Einreichung einer separaten Gesellschafterliste, höhere Notarkosten usw.) eingehalten werden müssen. So war es auch in dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall.
1.3 Grundbesitzende KG: Was gilt bei mittelbarer Anteilsvereinigung?
BFH, Urteil v. 27.5.2020, II R 45/17
Für den Fall der mittelbaren Beteiligung durch eine zwischengeschaltete Personengesellschaft hat der BFH entschieden, dass als Anteil i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die Beteiligung aller Gesellschafter am Gesamthandsvermögen maßgeblich ist. Der Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG würde verfehlt, wenn man insoweit zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden würde. In beiden Fällen ist bei der grundbesitzenden Gesellschaft der Anteil am Vermögen entscheidend. Dazu bemerkt der BFH ergänzend, es spreche viel dafür, dass dies (entgegen dem vorstehenden Urteil) auch für die unmittelbare Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft gilt. Der BFH konnte im Streitfall diese Rechtsfrage offen lassen, da es nicht um die unmittelbare, sondern um die mittelbare Vereinigung der Anteile der grundbesitzenden Personengesellschaft ging.
1.4 Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor?
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 7.11.2019, 1 K 1952/18
Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der beiden Umsatzsteuersenate zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft, insbesondere zu der Möglichkeit der Eingliederung einer Personengesellschaft, sind hinlänglich bekannt. Das Revisionsverfahren gegen das FG-Urteil ist anhängig, Az beim BFH V R 45/19, obwohl das Finanzgericht im Rahmen seiner Ausführungen zur Revisionszulassung (wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache) auf die Zuständigkeit des XI. Senats laut Geschäftsverteilungsplan des BFH hingewiesen hat.
Unabhängig davon ist zu erwarten, dass dieses Verfahren bis auf Weiteres ausgesetzt wird. Schließlich haben sowohl der V. Senat als auch der XI. Senat dem EuGH grundlegende Rechtsfragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft in Zusammenhang mit Personengesellschaften vorgelegt (BFH, Beschluss v. 11.12.2019, XI R 16/18 und BFH, Beschluss v. 7.5.2020, V R 40/19). Außerdem hat das FG Berlin-Brandenburg ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet (FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 21.11.2019, 5 K 5044/19).
In der Literatur wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen des EuGH dazu führen könnten, dass das gesamte deutsche Organschaftssystem verworfen wird. Nicht zuletzt deshalb muss sehr genau geprüft werden, ob Umsatzsteuerbescheide gegen Organträger bzw. noch nicht in eine Organschaft einbezogene Personengesellschaften, die nach der Rechtsprechung des EuGH eine Organgesellschaft sein könnten, rein vorsorglich offengehalten werden.