8.1 Anwaltlicher AdV-Antrag: Ein Telefax genügt den Anforderungen nicht
FG Münster, Beschluss v. 22.2.2022, 8 V 2/22
Für Steuerberater besteht erst mit der Errichtung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) ab dem 1.1.2023 die Möglichkeit eines dem beA entsprechenden sicheren Übermittlungswegs. Demnach können Steuerberater ihre Schriftsätze, Anträge und Erklärungen bis einschließlich 31.12.2022 weiterhin schriftlich bei Gericht einreichen.
8.2 Anzahlungsrechnungen und Vorsteuerabzug: Welche Belege erforderlich sind
FG Köln, Urteil v. 19.5.2021, 2 K 1259/19
Zwischenzeitlich ist die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig, Az beim BFH V B 56/21. Da die Entscheidung des Finanzgerichts allerdings durchaus sorgfältig unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung begründet wurde, bestehen m. E. gute Chancen, dass sie weiterhin Bestand haben wird.
Dennoch ist es für die Praxis natürlich zu empfehlen, im Rahmen eines Vorsteuervergütungsantrags die jeweiligen Anzahlungs- und Schlussrechnungen gesondert anzugeben und entsprechende Belege direkt mit dem ursprünglichen Antrag an das BZSt zu übermitteln. Für die Abwehrberatung ist die Entscheidung aber durchaus von größerer Bedeutung. Ob sich allerdings auch Unternehmen aus Drittstaaten auf diese "großzügige Sichtweise" berufen können, ist zumindest fraglich.
8.3 Leistungen Heilerziehungspfleger: Eingliederungshilfe umsatzsteuerfrei?
Niedersächsisches FG, Urteil v. 25.3.2021, 11 K 252/20
Selbst wenn der Landkreis als örtlicher Träger die Kosten für seine Leistungen direkt an den Kläger aus den Mitteln des persönlichen Budgets ausgezahlt hätte, läge kein Fall einer hinreichenden mittelbaren Kostentragung durch den Leistungsträger vor. Eine solche erfordert, dass ein Subunternehmer für einen Anbieter tätig wird, der wiederum Aufträge durch den Träger der Eingliederungshilfe erhält. Diese vom BFH entwickelten Grundsätze sind nicht auf den Streitfall übertragbar, weil hier die Auftragserteilung durch den Betreuten selbst erfolgt und der Landkreis lediglich als dessen Zahl- und Verwaltungsstelle für dessen persönliches Budget tätig wird.
Das Urteil ist rechtskräftig. In vergleichbaren Fällen muss daher eine direkte Auftragserteilung durch den Betreuten an den leistenden Heilerziehungspfleger unbedingt vermieden werden.
8.4 Sind Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen umsatzsteuerfrei?
FG Münster, Urteil v. 25.1.2022, 15 K 3554/18 U
8.5 Überlange Gerichtsverfahren: Corona-Pandemie begründet keinen Entschädigungsanspruch
BFH, Urteil v. 27.10.2021, X K 5/20
Es kommt immer wieder vor, dass sich – aus verschiedensten Gründen – finanzgerichtliche Verfahren über Gebühr in die Länge ziehen. Die Erhebung einer Entschädigungsklage gegen das Land dürfte jedoch nur in den seltensten Fällen erforderlich sein. Denn Voraussetzung einer Entschädigungsklage ist die (vorherige) Erhebung einer Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG). Diese stellt für den bearbeitenden Richter eine "Vorwarnung" dar, die regelmäßig dazu führt, dass eine überfällige Akte nunmehr zügig bearbeitet wird. Im Übrigen kann auch eine formlose Nachfrage beim Senatsvorsitzenden genügen, um eine Beschleunigung herbeizuführen.
8.6 Umgelegte Grundsteuer ist gewerbesteuerlich hinzuzurechnen
BFH, Urteil v. 2.2.2022, III R 65/19
Die Auffassung des BFH stimmt mit der Kommentarliteratur überein. Auch nach dem BMF-Schreiben v. 2.7.2012 (BStBl 2012 I S. 954, Rz. 29) ist die vertraglich überwälzte Grundsteuer als Miet-/Pachtzinsen hinzuzurechnen. Nicht hinzuzurechnen sind jedenfalls reine Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung.
Eine geringere Hinzurechnung kann somit nicht dadurch erreicht werden, dass der Mieter Aufwendungen übernimmt, die eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, und dadurch einen geminderten Mietzins zahlt.
8.7 Vercharterung von Segelyachten: Vorsteuerabzug nur bei Gewinnerzielungsabsicht
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 22.9.2021, 3 K 227/19
Es ist schwer einsehbar, dass ein unstrittig nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht betriebenes Unternehmen seinen Vorsteuerabzug verliert, weil es ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestuft wurde. Unterm Strich verlangt der Fiskus vorliegend zwar die Umsatzsteuer, verwehrt aber eine entsprechende Entlastung auf der (Leistungs-) Eingangsseite, was durchaus eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes darstellen könnte.
Das Gericht begründet den Vorsteuerausschluss u.a. mit privaten Motiven der Klägerin bzw. ihres Gesellschafters, obwohl dieser selbst über 500 km entfernt vom Hafen wohnte, selbst nur 2-mal im Jahr segelte und hierzu über eine eigene private Yacht verfügte. Es dürfte also faktisch ausgeschlossen gewesen sein, dass die vercharterten Segelyachten privat verwendet wurden und Repräsentationszwecken dienten sie ganz offenbar ebenfalls nicht. Es bleibt daher zu hoffen, dass der BFH die bislang restriktive Rechtsprechung zu § 15 Abs. 1a UStG alsbald lockert – zumindest für solche Fälle, in denen sich eine Verletzung des Neutralitätsgedankens förmlich aufdrängt.
8.8 Vorträge zur Fachanwaltsfortbildung: Warum die Vergütungen nicht steuerfrei sind
FG Köln, Urteil v. 20.1.2022, 15 K 1317/19
Die Vorschriften des § 3 Nr. 26 EStG und des § 3 Nr. 26a EStG verlangen als Leistungsempfänger entweder bestimmte privatrechtliche steuerbegünstigte Körperschaften oder eine Tätigkeit im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. Es steht einer Steuerfreiheit nach den genannten Vorschriften entgegen, wenn Fortbildungsveranstaltungen nicht gegenüber der Rechtsanwaltskammer als juristischer Person des öffentlichen Rechts, sondern gegenüber Verlagen und V...