1 Arbeitsrecht
1.1 Warum Arbeitgeber bei vorzeitiger Kündigung nicht immer die Rückzahlung von Fortbildungskosten verlangen können
BAG, Urteil v. 1.3.2022, 9 AZR 260/21; Vorinstanz: LAG Nürnberg, Urteil v. 26.3.2021, 8 Sa 412/20
1.2 Wiedereinstellungsanspruch kann nicht bei einer Insolvenz geltend gemacht werden
BAG, Urteil v. 25.5.2022, 6 AZR 224/21; Vorinstanz: LAG Hamm, Zwischenurteil v. 5.3.2021, 16 Sa 100/20
Bei einer wirksamen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis. Beschäftigte können ausnahmsweise einen Anspruch auf Wiedereinstellung haben: Beispielsweise, wenn sie betriebsbedingt gekündigt wurden und sich die Prognose des Arbeitgebers über den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs nachträglich als unzutreffend erweist, weil es zu einem Betriebsübergang kommt.
Für solche Fälle haben Gerichte den Wiedereinstellungsanspruch entwickelt, denn an der Wirksamkeit der Kündigung ändert sich damit nichts. Wird gegen den Betriebsnachfolger das Insolvenzverfahren eröffnet, erlischt ein solcher Anspruch, hat das BAG nun klargestellt.
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 Ratenweise Bezahlung einer Vermittlungsleistung in den Folgejahren: Wann entsteht die Steuer?
BFH, Urteil v. 1.2.2022, V R 37/21 (V R 16/19)
Die Sollbesteuerung ist damit nicht auf bereits fällige Entgeltansprüche beschränkt. Der an dieser EuGH-Rechtsprechung geäußerten Kritik (Stadie, UR 2022 S. 1) schließt sich der BFH nicht an. Denn der Gesetzgeber hat die in Art. 66 Buchst. b MwStSystRL eingeräumten Möglichkeit, die Steuer erst mit der Entgeltvereinnahmung entstehen zu lassen, durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 20 UStG nur eingeschränkt ausgeübt. Es obliegt dem nationalen Gesetzgeber, die Voraussetzungen für diese Istbesteuerung, die auf die X nach der bestehenden Rechtslage nicht anzuwenden ist, festzulegen. Der Hinweis auf die Befugnis des nationalen Gesetzgebers kann als Anstoß dazu gesehen werden, die gegenwärtige Rechtslage zu überdenken.
2.2 Wegzugsbesteuerung bei Übertragung von GmbH-Anteilen an einen USA-Ansässigen
BFH, Urteil v. 8.12.2021, I R 30/19
V (bzw. E als dessen Rechtsnachfolgerin) hatte vor dem FG gerügt, in der sofortigen Besteuerung der an den (nicht unbeschränkt steuerpflichtigen) S übertragenen stillen Reserven im Rahmen der Wegzugsbesteuerung liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber der nicht besteuerten Übertragung an die (unbeschränkt steuerpflichtige) E. Das FG hat insoweit zutreffend auf die Unterschiedlichkeit der Sachverhalte hingewiesen. Der Ersatztatbestand in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG wurde für den Fall des Transfers des Besteuerungssubstrats in das Ausland geschaffen. Im Fall der E verblieb es in Deutschland.
Die Entscheidung betrifft § 6 AStG i. d. F. vor der Reform der Wegzugsbesteuerung durch das ATAG-Umsetzungsgesetz v. 25.6.2021 (BGBl 2021 I S. 2035). Die Neuregelung gilt ab 2022. Das Urteil hat auch für die Neuregelung Bedeutung.
3 Kapitalanlage & Versicherung
3.1 Altersvorsorgeberatung: Wann der Versicherungsvermittler wegen Falschberatung haftet
OLG Karlsruhe, Urteil v. 7.12.2021, 9 U 97/19
4 Land- und Forstwirtschaft
4.1 Durchschnittsatzbesteuerung: Steuerliche Behandlung von Ausgleichszahlungen aus Aufhebungsvertrag
FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.6.2021, 6 K 2136/16
Im Zusammenhang mit Abstandszahlungen, Abfindungszahlungen, sog. Schadensersatzleistungen oder Ähnlichem ist in der Praxis zunächst immer zu prüfen, ob ein entgeltlicher Leistungsaustausch vorliegt. Dieser wird von der höchstrichterlichen nationalen Rechtsprechung bislang regelmäßig dann angenommen, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm, sei es auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage, zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet.
Sofern man in einem ersten Schritt einen Leistungsaustausch bejaht, was in solchen Fällen durchaus nicht unumstritten ist, schließlich erhält der Unternehmer Geld für eine Tätigkeit, die er gerade nicht mehr ausführt, ist zu prüfen, ob die angenommene "Verzichtsleistung" (Verzicht auf die weitere Durchführung des Vertrags) mit der vormalig ausgeübten Tätigkeit in Verbindung steht bzw. ebenso zu beurteilen ist. Das FG Rheinland-Pfalz hat dies betreffend der Anwendung der Durchschnittsatzbesteuerung bejaht.
Eine ähnliche Problematik ergibt sich, wenn auf die Durchführung einer bislang steuerfreien Tätigkeit gegen Abstandszahlung verzichtet wird. Zumindest für Umsätze aus Grundstücksvermietung scheint die Rechtslage insoweit aber geklärt, Rechtsprechung und Finanzverwaltung gehen davon aus, dass der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gegen Abstandszahlung der vormaligen Vermietung gleichzusetzen ist (vgl. unter anderem Abschn. 4.12.1 Abs. 1 Satz 7 UStAE).
Ob im vorliegenden Fall die Abfindungszahlung tatsächlich der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt, muss der BFH nun abschließend entscheiden, Az beim BFH XI R 27/21.
5 Lohn und Gehalt
5.1 Was Sie zur einmaligen Energiepreispauschale vom Arbeitgeber wissen müssen
§§ 112 ff. EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 2022, BR-Drucksache 205/22.
Achtung: Pensionäre und Rentner erhalten die Pauschale nicht (falls keine anderen Einkünfte aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder als Arbeitnehmer vorliegen). Auch für Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland gibt es ebenso keine Pauschale wie für beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler.
6 Sonstige Steuern
6.1 Gilt die Einziehung von Geschäftsanteilen als Schenkung?
BFH, Urteil v. 17.11.2021, II R 21/20
Der BFH verweist ergänzend auf die Gesetzeshistorie. Die ursprünglich auf den heutigen Satz 1 des § 7 Abs. 7 ErbStG beschränkte Vorschrift sollte die vermögensrechtlichen Auswirkungen eines Wechsels im Bestand einer Personengesellschaft auf Grund Gesellschaftsvertrags erfassen, indem sie eine Schenkung des ausscheidenden Gesellschafters an die verbliebenen Gesells...