1 Arbeitsrecht
1.1 Ablehnung eines Abfindungsangebots kann zum Verlust der Abfindung führen
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.1.2023, 5 Sa 135/22; Vorinstanz: Arbeitsgericht Trier, Urteil v. 16.3.2022, 5 Ca 138/21
Insbesondere gebe es keinen Anspruch auf eine Abfindung nach § 112 BetrVG. Denn wenn Beschäftigte - wie hier - keinen Betriebsrat gewählt haben, bestehe kein Anspruch auf eine Abfindung, wenn sie wegen einer Betriebsstilllegung ihren Arbeitsplatz verlieren. Ohne einen gewählten Betriebsrat im Betrieb war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, einen Sozialplan aufzustellen.
1.2 Bei Firmenlauf besteht kein betrieblicher Unfallversicherungsschutz
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.3.2023, L 3 U 66/21
Das LSG listete in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG die Grundvoraussetzungen für die Eintrittspflicht der Unfallversicherung im Fall von Betriebssport auf. Danach besteht der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn
- der Sport Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter hat,
- regelmäßig stattfindet und
- der Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf Unternehmensangehörige beschränkt ist,
- wobei auch mehrere Unternehmen sich im Rahmen einer Gemeinschaftsaktion zusammenschließen könnten, wenn dies erkennbar der Förderung des Zusammenhalts der Unternehmensmitarbeiter dient.
In jedem Fall sei ein innerer Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit erforderlich, der selbst im Fall der Aufnahme einer Maßnahme in das betriebliche Gesundheitsmanagement des Unternehmens fehlen könne.
Im Ergebnis bestätigte das LSG die Entscheidung der Vorinstanz, wonach der Sturz der Klägerin nicht als Arbeitsunfall zu werten ist und damit nicht der betrieblichen Unfallversicherung unterliegt.
1.3 Geringere Stundenvergütung für Teilzeitkräfte ohne sachlichen Grund ist benachteiligend
BAG v. 18.1.2023, 5 AZR 108/22
§ 2 Abs. 2 TzBfG stellt bereits klar, dass geringfügig Beschäftigte Teilzeitbeschäftigte sind, die wiederum über § 4 Abs. 1 TzBfG gegen eine Schlechterstellung wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern geschützt werden. Im Einzelfall kann es natürlich aus sachlichem Grund weiterhin gerechtfertigt sein, geringfügig Beschäftigten einen gegenüber Vollzeitbeschäftigten geringeren Stundenlohn zu zahlen. Die Entscheidung des BAG verdeutlicht jedoch, dass bei der Begründung besondere Sorgfalt erforderlich ist.
1.4 Pause ohne Ausstempeln: Fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug gerechtfertigt
LAG Hamm, Urteil v. 27.1.2023, 13 Sa 1007/22; Vorinstanz: Arbeitsgericht Gelsenkirchen v. 29.3.2022, 1 Ca 1708/21
Beim Thema Arbeitszeiterfassung ist eines klar: Arbeitgeber müssen darauf vertrauen können, dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeit korrekt dokumentieren - gerade, wenn sie den Beschäftigten den Nachweis über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit übertragen. Auch ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von nur zehn Minuten kann im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Vorliegend war eine Mitarbeiterin "nur kurz Kaffee trinken", ohne sich dafür aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen. Dieser schwerwiegende Vertrauensverlust rechtfertigte auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung, stellte das LAG Hamm fest. Von Bedeutung für das Gericht war im vorliegenden Fall das hartnäckige Leugnen der Mitarbeiterin gegenüber dem Arbeitgeber.
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 Handelsregister: GmbH-Eintragung dient dem Gläubigerschutz
OLG Schleswig, Beschluss v. 21.2.2023 – 2 Wx 50/22
Mit der Entscheidung des OLG Schleswig wird erneut deutlich, dass die Überprüfung der Eintragung einer GmbH im Handelsregister insbesondere dem Gläubigerschutz dient. Darüber ist zu beachten, dass die im Musterprotokoll enthaltenen Regelungen nur für vereinfachte Gründungen gelten.
Damit die Anmeldung einer neu gegründeten GmbH anstandslos akzeptiert und im Handelsregister eingetragen wird, müssen die Anforderungen an die Satzung beachtet werden. Die über die Mindestanforderungen nach § 3 Abs. 1 GmbHG hinausgehenden Regelungen müssen insbesondere so gestaltet werden, dass dem Zweck des Gläubigerschutzes Rechnung getragen wird, da bei Verletzung gläubigerschützender Vorschriften die Eintragung abgelehnt werden kann.
2.2 Zur Geschäftsführerhaftung aufgrund eigenen Unvermögens
BFH, Beschluss v. 15.11.2022, VII R 23/19
Die kommentierte Entscheidung zeigt, dass einen Geschäftsführer weder die Übertragung seiner Pflichten auf einen Dritten noch seine eigene Unfähigkeit von seiner (steuerlichen) Haftung freizeichnen kann.
Diese Grundsätze gelten aber nicht nur im Bereich der Außenhaftung des Geschäftsführers gegenüber dem Fiskus. Sehr ähnlich stellt sich die Rechtslage auch im Innenverhältnis Gesellschaft-Geschäftsführer dar. So ist jeder Geschäftsführer verpflichtet, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Verletzt ein Geschäftsführer seine Obliegenheiten schuldhaft, muss er der Gesellschaft den daraus resultierenden Schaden ersetzen, § 43 Abs. 2 GmbHG. Welche Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab zu stellen sind, hängt von den konkreten Verhältnissen eines jeden Unternehmens ab sowie deren Größe und Tätigkeit. Auf die persönlichen Eigenschaften, das Alter, die Erfahrenheit des Geschäftsführers kommt es weder für den Umfang der Geschäftsführerpflichten noch für die Frage seines Verschuldens an.
Das heißt nicht, dass ein Geschäftsführer alles wissen und können muss. Gewisse Aspekte der Geschäftsführung kann er auch an nachgeordnete Unternehmensebenen oder Dritte delegieren. Für die im komment...