Minijobber wird durch ungleiche Bezahlung diskriminiert

Ein Rettungsassistent, der auf geringfügiger Basis beschäftigt ist, muss bei gleicher Tätigkeit auch gleich wie seine in Vollzeit- oder Teilzeit beschäftigten Kollegen bezahlt werden. Das entschied das Bundesarbeitsgericht. Die Gründe des Arbeitgebers für die Ungleichbehandlung ließ das Gericht nicht gelten.

In vielen Bereichen unterstützen Minijobber als Aushilfen die Voll- oder Teilzeitbeschäftigten. Grundsätzlich gibt es dafür weniger Lohn. Das liegt zum einen daran, dass geringfügig Beschäftigte im Vergleich meist nicht die gleiche Arbeitsleistung erbringen oder weniger Berufserfahrung haben. Doch was gilt, wenn ein Arbeitgeber geringfügig Beschäftigte mit gleicher Qualifikation für eine identische Tätigkeit schlechter vergütet, als seine Vollzeit- oder Teilzeitkräfte?

Diese Ungleichbehandlung wollte ein Rettungssanitäter nicht länger hinnehmen und forderte vom Arbeitgeber, wie seine voll- und teilzeitbeschäftigten Kollegen bezahlt zu werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab ihm recht.

Minijobber fordert gleichen Lohn wie andere Rettungsassistenten

Im konkreten Fall beschäftigt der Arbeitgeber, ein Rettungsunternehmen, sowohl Minijobber als auch Vollzeit- und Teilzeitkräfte. Alle arbeiten gleichermaßen in der Notfallrettung und führen Krankentransporte und sonstige sanitätsdienstliche Tätigkeiten durch. Die Arbeitsleistung unterscheidet sich unstreitig nicht. Im maßgeblichen Zeitraum wurden Vollzeit- und Teilzeitkräfte als sogenannte "Hauptamtliche" für ihre Tätigkeit mit 17 Euro brutto die Stunde vergütet. Wer "nebenamtlich" beschäftigt ist bekam 12 Euro brutto die Stunde.

Ein Rettungsassistent, der als "Nebenamtlicher" beim Arbeitgeber im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich mindestens 16 Stunden im Monat leistet, verlangte, genauso wie die voll- und teilzeitbeschäftigten Kollegen 17 Euro brutto zu verdienen. Vor Gericht klagte er auf die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung in Höhe von rund 3.290 Euro brutto für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021.

Arbeitgeber begründet Lohnunterschied mit anderer Arbeitszeitgestaltung

Der Arbeitgeber verweigerte dies unter Verweis auf eine Gleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Minijobber. Zudem begründete er die Differenzierung beim Gehalt damit, dass er die hauptamtlich Voll- und Teilzeitbeschäftigten zu Diensten und Schichten einteilen könne. Das erhöhe die Planungssicherheit und bedeute für ihn einen deutlich geringeren Planungsaufwand. Dagegen könnten die "nebenamtlichen" Kräfte, in der Regel Minijobber, ihre Einsätze selbst wählen und planen. Die Vorteile in der Arbeitszeitgestaltung frei und flexibel zu sein, begründeten aus Sicht des Arbeitgebers den geringeren Lohn.

BAG: Minijobber hat Anspruch auf gleichen Lohn

Vor dem Landesarbeitsgericht München hatte die Klage Erfolg. Das Gericht urteilte, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, dem Rettungsassistenten 17 Euro brutto die Stunde zu zahlen. Dies sei die übliche Vergütung, die der Arbeitgeber seinen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmenden gewähre. Die hiergegen gerichtete Revision des Arbeitgebers blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Das LAG München habe richtig erkannt, dass die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettungsassistenten geringere Stundenvergütung den Sanitäter, der im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig ist, entgegen § 4 Abs. 1 TzBfG ohne sachlichen Grund benachteiligt.

Lohn-Differenzierung diskriminiert Teilzeitbeschäftigte

Nach § 4 Abs. 1 TzBfG dürfen teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmende wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigten eine unterschiedliche Behandlung. Die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten sind gleich qualifiziert und üben die gleiche Tätigkeit aus, stellte das BAG fest. Der vom Arbeitgeber pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettungsassistenten überzeugte die Erfurter Richter nicht. Dies sei kein sachlicher Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, hieß es in der Urteilsbegründung. Es sei nicht erkennbar, dass der Aufwand unter Berücksichtigung der erforderlichen "24/7-Dienstplanung" und der öffentlich-rechtlichen Vorgaben zur Besetzung der Rettungs- und Krankenwagen wirklich signifikant höher ist. Darüber hinaus überzeugte die Argumentation des Arbeitgebers hinsichtlich einer besseren Planungssicherheit bei der Einteilung der Voll- und Teilzeitkräfte das Gericht ebenfalls nicht.

Dienstplaneinteilung rechtfertigt keine ungleiche Bezahlung

Das BAG verwies darauf, dass der Arbeitgeber durch den Einsatz der hauptamtlichen Rettungsassistenten möglicherweise mehr Planungssicherheit habe, da er ihnen einseitig Schichten zuweisen kann. Dennoch sei er hierbei nicht frei, sondern unterliege unter anderem den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit und die Einhaltung der Ruhepausen. Die nebenamtlichen Rettungsassistenten bildeten insoweit die Einsatzreserve.

Dass diese ihre Arbeitszeit "frei gestalten" könnten, ist nach Angaben des Gerichts in Bezug auf eine unterschiedliche Vergütung völlig unerheblich. Denn diese Personengruppe habe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang einen Anspruch darauf, die gewünschten Dienste zugeteilt zu bekommen. Dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss, rechtfertige in der gebotenen Gesamtschau keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen.

Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2023, Az: 5 AZR 108/22; Vorinstanzen: LAG München, Urteil vom 19.01.2022, Az: 10 Sa 582/21, ArbG München, Urteil vom 28.07.2021, Az: 36 Ca 9963/20


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