2.1 Insolvenz des Arbeitgebers: In welchem Umfang sind Betriebsrenten geschützt?
EuGH, Urteil v. 19.12.2019, C-168/18
2.2 Was ist bei der Auszahlung von Arbeitszeitkonten zu beachten?
BSG, Urteil v. 10.12.2019, B 12 R 9/18 R
Trotz einer Verbeitragung als Einmalzahlung gelten die Mehrarbeitsvergütungen weiterhin als laufendes Arbeitsentgelt. Daher sind von der Mehrarbeitsvergütung auch bei Anwendung der Vereinfachungsregelung Beiträge zur Umlage U1 und U2 zu entrichten.
2.3 Erstattung von Anwaltskosten: Wann liegt ein "einfacher Fall" vor?
BGH, Urteil v. 29.10.2019, VI ZR 45/19
Für Rechtsanwälte ist das Urteil des BGH durchaus erfreulich. Mit seiner Entscheidung hat er die Schadensfälle, in denen Anwaltskosten wegen einfach gelagerter Sachverhalte nicht erstattungsfähig sind, deutlich eingeschränkt. Schon im Hinblick auf die Kompliziertheit der Rechtsprechung zur Schadensberechnung, dürften Rechtsanwaltskosten nach dieser Entscheidung in der Praxis fast immer erstattungsfähig sein.
2.4 Feststellungsbescheid: Alle Feststellungsbeteiligten müssen benannt werden
FG Münster, Urteil v. 12.9.2019, 3 K 22/17 F
Die Entscheidung ist vorerst nicht rechtskräftig, da das FG die Revision zum BFH zugelassen hat.
Formalien können sich im Einzelfall auch durchaus einmal zu Gunsten von Steuerpflichtigen auswirken. Im Urteilsfall hatte das Finanzamt offensichtlich einen handwerklichen Fehler gemacht, der sich zu Gunsten der Klägerin auswirkte. Statt die Klägerin in einem Feststellungsbescheid eindeutig als Inhaltsadressat zu bezeichnen, wurde sie in dem Bescheid "nur" als Grundstückseigentümerin benannt.
Da die Angabe aller Inhaltsadressaten, also derjenigen, denen gegenüber der Verwaltungsakt Wirkungen entfaltet, ein sehr wichtiger Bestandteil eines jeden Verwaltungsakts ist, war hier der geänderte Bescheid nichtig. Dieser Mangel kann im Übrigen auch nicht in einem Einspruchsverfahren geheilt werden (BFH, Urteil v. 30.9.2015, II R 31/13). Auf der anderen Seite hat der BFH aber auch verschiedentlich geurteilt, dass Formalismus und Wortklauberei (so der BFH wortwörtlich in seiner Entscheidung) unangebracht sind und es ausreichend ist, wenn sich der Inhaltsadressat sicher identifizieren lässt. Insofern ist es im Einzelfall teilweise schwer zu sagen, ob der Bescheid aufgrund der fehlenden Nennung der Inhaltsadressaten nichtig ist oder sich diese noch ermitteln lassen. Eine Prüfung von Formalien lohnt sich jedoch oftmals.
2.5 Vorsteuerabzug: Was gilt bei Einbauten des Mieters?
BFH, Urteil v. 13.11.2019, V R 5/18
Das FA hatte eingewandt, der Praxisausbau habe nicht zur eigentlichen wirtschaftlichen (ärztlichen) Tätigkeit der GbR gehört. Sie sei insoweit nicht nachhaltig unternehmerisch tätig gewesen. Dieser Gesichtspunkt greift nicht durch. In den Rahmen des Unternehmens fallen nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung bilden, sondern auch die – möglicherweise nur punktuell durchgeführten – Hilfs- und Nebengeschäfte, ohne dass es insoweit auf die nachhaltige Ausführung dieser Geschäfte ankommt (BFH, Urteil v. 20.9.1990, V R 92/85, BFHE 162 S. 493). Es genügt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Haupttätigkeit (BFH, Urteil v. 13.9.1988, V R 230/83, BFH/NV 1989 S. 135). Das gilt auch dann, wenn sich die Haupttätigkeit auf steuerfreie Umsätze bezieht.
2.6 Umsatzsteuer: Pferdetaxis auf autofreier Insel sind steuerlich begünstigt
BFH, Urteil v. 13.11.2019, V R 9/18
Der BFH bemerkt zum Leitbild des Verkehrs mit Taxen i. S. v. § 47 PBefG, dass maßgeblich darauf abzustellen ist, ob der Unternehmer an öffentlich zugänglichen Stellen – zu einem allgemeinen Tarif mit faktischer Beförderungspflicht – Wagen bereithält, mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt. Das könnte bei den Fahrten vom und zum Flughafen gegeben sein. An der Vergleichbarkeit mit dem Taxiverkehr könnte es dagegen bei den mit Voranmeldung durchgeführten Rund-, Ausflugs- oder Ereignisfahrten fehlen.
Die umsatzsteuerrechtliche Begünstigung beruht unionsrechtlich auf Art. 98 Abs. 2 i. V. m. Anhang III Nr. 5 MwStSystRL. Danach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, eine Steuersatzermäßigung für die Beförderung von Personen anzuordnen. Der EuGH hat dazu entschieden, dass diese Ermächtigung selektiv ausgeübt werden kann. Dabei haben die Mitgliedstaaten zu beachten, dass zum einen nur konkrete und spezifische Aspekte der jeweiligen Kategorie von Leistungen herausgelöst werden und zudem der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht verletzt werden darf (EuGH, Urteil v. 27.2.2014, C-454/12 und C-455/12, Pro Med Logistik und Pongratz, BStBl 2015 II S. 437).
2.7 Privatrechtlich organisierter kommunaler Spitzenverband: Sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei?
FG Münster, Urteil v. 24.9.2019, 3 K 2458/18 E
Das Urteil vermag zwar nicht zu überraschen, da es der langjährigen BFH-Rechtsprechung entspricht (BFH, Urteil v. 7.8.1986, IV R 228/82). Das Urteil verdeutlicht nun aber einmal mehr, dass dem genauen Wortlaut von Gesetzesvorschriften eine überaus wichtige Bedeutung bei deren Auslegung einzuräumen ist.
2.8 Tickets im Fernverkehr: Gilt der Rabattfreibetrag?
BFH, Urteil v. 26.9.2019, VI R 23/17
Der Sachbezug besteht nicht in dem abstrakten Wert der Tagestickets, sondern in der am konkreten Tag in Anspruch genommenen Beförderungsleistung, wie sie auch von anderen Bahnkunden gebucht werden konnte. Für den Zuflusszeitpunkt verdeutlicht der BFH, dass die Erlangung der Verfügungsmacht entscheidend ist. Bei einer Sachzuwendung ist der Zufluss eines geldwerten Vorteils zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer den...