1 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1.1 GmbH & Co. KG: Zu den Voraussetzungen einer Organschaft
BFH, Urteil v. 1.2.2022, V R 23/21
Für die wirtschaftliche Eingliederung müssen nach Auffassung des BFH die Unternehmensbereiche miteinander verflochten sein. Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt. Ob das als unionsrechtskonform anzusehen ist (Art. 11 MwStSystRL), wird vom BFH offengelassen. Denn wegen des eindeutigen Wortlauts des nationalen Rechts kommt eine hiervon abweichende richtlinienkonforme Auslegung nicht in Betracht. Dasselbe gilt für die Organgesellschaft im Hinblick darauf, dass es sich bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG um eine Vorschrift zur Unselbstständigkeit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit der Organgesellschaft handelt.
1.2 Grundstücksunternehmen: erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ausgeschlossen
FG Düsseldorf, Urteil v. 22.6.2022, 2 K 2599/18 G
Besondere Beachtung bei Betriebsaufspaltungen sollte dem Urteil des BFH v. 16.9.2021, IV R 7/18, geschenkt werden. Hier hat der BFH seine Rechtsprechung geändert. Bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung ist danach auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, zu berücksichtigen.
2 Kapitalanlage & Versicherung
2.1 Vermögensverwaltende Personengesellschaft und AfA bei Anteilserwerb
BFH, Urteil v. 3.5.2022, IX R 22/19
Für den neuen Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind dessen Mehr- oder Minderaufwendungen im Rahmen einer Ergänzungsrechnung zu berücksichtigen. Mit der Entscheidung zieht der BFH insoweit eine Parallele zur Ergänzungsbilanz bei einer gewerblichen Personengesellschaft.
Beim Streit um den Umfang des auf der Gesellschaftsebene ermittelten und dem Gesellschafter zugerechneten Ergebnisanteils handelt es sich um eine Frage, die den Feststellungsbeteiligten persönlich angeht. Zugleich kann die Entscheidung nur einheitlich ergehen, da sie notwendiger Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist (§ 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Gesellschafter B und C sind daher zum Verfahren notwendig beizuladen, was vom FG übersehen wurde. Ob der BFH eine unterbliebene notwendige Beiladung selbst nachholt, steht in seinem Ermessen (§ 123 Abs. 1 Satz 2, § 126 Abs. 3 Satz 2 FGO). Im Streitfall hat der BFH von einer Beiladung abgesehen, da die Sache jedenfalls zur weiteren Aufteilung der Anschaffungskosten an das FG zurückverwiesen werden musste.
2.2 Wie werden bei doppelter Treuhand die Einkünfte zugerechnet?
BFH, Urteil v. 4.5.2022, I R 19/18
Die Entscheidung bewegt sich im Wesentlichen im Rahmen des BMF-Schreibens v. 18.1.2016, BStBl 2016 I S. 85, Rz 157. Der BFH bestätigt die für die treuhänderische Vermögensauslagerung auf sog. Contractual Trust Arrangements (CTA) aufgezählten Kriterien. Die Verwaltungsanweisung unterscheidet nicht zwischen Verwaltungs- und Sicherungstreuhand.
3 Lohn und Gehalt
3.1 Pauschalsteuer: Betriebsfeier muss allen offen stehen
FG Köln, Urteil vom 27.1.2022, 6 K 2175/20
FG Münster, Urteil vom 20.2.2020, 8 K 32/19 E, P, L
Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung bleiben bis zu einem Betrag von 110 EUR je Feier steuerfrei. Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Ist der Steuerfreibetrag von 110 EUR bei Betriebsveranstaltungen überschritten oder werden mehr als zwei Veranstaltungen durchgeführt, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Er kann mit 25 % pauschal besteuert werden.
Weitere Einzelheiten zur Behandlung von Betriebsveranstaltungen, zum Freibetrag und zur Pauschalbesteuerung enthält das BMF-Schreiben v. 14.10.2015 - IV C 5 - S 2332/15/10001 (BStBl 2015 I S. 832).
Als Alternative zur verweigerten Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG im vorstehenden Fall kommt eine Besteuerung der Veranstaltung nach § 37b EStG in Betracht. Der Steuersatz beträgt hier jedoch 30 %.
4 Private Immobilienbesitzer
4.1 Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt ist rechtswidrig
BFH, Urteil v. 12.7.2022, VIII R 8/19
Der Schutz der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG gilt auch für das häusliche Arbeitszimmer in der Wohnung des Steuerpflichtigen.
Dass das FA zunächst die weniger belastenden Maßnahmen ergreifen muss, gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige in die Ortsbesichtigung eingewilligt hat. In der Praxis wird es häufig genügen, ein Foto einzureichen. Im Übrigen muss eine Wohnungsbesichtigung grundsätzlich vorher angekündigt werden (§ 99 AO).
Wird – wie hier – vom FG eine Klage fälschlich als unzulässig abgewiesen, kommt für den BFH eine Entscheidung in der Sache nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Klage (nach den FG-Feststellungen) zweifelsfrei begründet und es ausgeschlossen ist, dass ein weiterer Vortrag die Sachentscheidung noch beeinflussen könnte. Dieser Fall lag hier vor.
4.2 Vermietung an Angehörige: Wenn der Mietvertrag geringfügige Mängel aufweist – Folgen?
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.3.2022, 9 K 9197/20
Auch wenn einzelne Regelungen des Mietvertrags einem Fremdvergleich nicht standhalten, die Hauptpflichten, wie Nutzungsüberlassung und Mietzahlung, jedoch erfüllt werden, bedeutet dies nach Ansicht des BFH nicht in jedem Fall, dass das Mietverhältnis nicht anzuerkennen ist. Ein Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen entspricht aber dann nicht den Kriterien des Fremdvergleichs, wenn es in zahlreichen ...