7.1 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten: Bildung auch bei geringfügigen Beträgen?
BFH, Urteil v. 16.3.2021, X R 34/19
In dem Kostenbeschluss v. 18.3.2020, X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796, hatte der BFH das Wahlrecht in Bezug auf aktive Rechnungsabgrenzungsposten noch bejaht. Daran hält der BFH nicht mehr fest.
Die Entscheidung dürfte in der Praxis keine allzu großen Auswirkungen haben. Zwar werden für die vielen regelmäßig jährlich anfallenden und im Voraus zu zahlenden Kosten, die in Teilbeträgen auf das Folgejahr entfallen (Kraftfahrzeugsteuer, Versicherungsbeiträge, Abonnements, Gebühren, Beiträge), aus Vereinfachungsgründen bei geringen Beträgen keine aktiven Rechnungsabgrenzungsposten gebildet. Wegen der gegenläufigen Auswirkung dürfte es aber eher selten sein, dass die Außenprüfung diese Fälle in vollem Umfang aufgreift, es sei denn, es handelt sich um insgesamt höhere Beträge mit erheblicher Gewinnauswirkung.
7.2 Bareinzahlungen auf ein betriebliches Konto: Mittelherkunft ist anzugeben
FG Münster, Urteil v. 9.6.2021, 13 K 3250/19 E
Das Finanzamt hatte die Erfassung der Bareinnahmen als steuerpflichtige Einkünfte zwar (zunächst) auf das sog. Benennungsverlangen nach § 160 AO gestützt. Nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut setzt diese Vorschrift allerdings voraus, dass Schulden oder andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten oder andere Ausgaben vorliegen, die steuerlich abziehbar sind. Damit kann aus der unzureichenden Beantwortung eines Benennungsverlangens lediglich eine Verminderung von steuerlichen Abzugspositionen, nicht aber eine Erhöhung der Einnahmen gefolgert werden.
7.3 Betriebsprüfung: Anforderung von Unterlagen muss bestimmt und verhältnismäßig sein
BFH, Urteil v. 7.6.2021, VIII R 24/18
Der BFH führt die Grundsätze des Urteils v. 12.2.2020, X R 8/18 (BFH/NV 2020 S. 1045) fort. Dort hat der BFH bereits entschieden, dass die Datenanforderung nach § 147 Abs. 6 AO akzessorisch zur Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht des Steuerpflichtigen ist. Über die gesetzliche Pflicht hinausreichende "freiwillig" geführte Unterlagen und Daten unterliegen nicht dem Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO. Überschreitet die angefochtene Aufforderung des FA diese Grenzen, kann sie nicht nachträglich auf den zulässigen Bereich der Einsichtnahme eingeschränkt werden, sondern ist als rechtswidrig aufzuheben (BFH v. 24.6.2009, VIII R 80/06, BStBl 2010 II S. 452, Rz. 25). Die Verwaltung wird den Vordruck für die Prüfungsanordnung entsprechend anzupassen haben.
7.4 Ist der Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften umsatzsteuerfrei?
BFH, Urteil v. 24.3.2021 V R 1/19
Die Entscheidung betrifft unterschiedliche Gestaltungen. Zum einen geht es um den Betrieb eines Flüchtlingsheims bzw. einer Obdachlosenunterkunft in Fällen, in denen das Gebäude dem Betreiber vom Leistungsempfänger (z. B. Kommune) entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Hier hat der BFH die Würdigung des FG, es handele sich bei dem Leistungsbündel um eine einheitliche Leistung, als zutreffend übernommen. Zum anderen lag der Fall so, dass die Betreiberin (GmbH) die in ihrem Eigentum stehende Gemeinschaftsunterkunft (entgeltlich) dem Träger zur Nutzung überlassen hatte. In diesem Fall lag (auch ohne gesonderte Entgeltvereinbarung) neben der Betreiberleistung eine (steuerfreie) separate Grundstücksüberlassung vor.
7.5 Ist die Mitverpachtung von Betriebsvorrichtungen steuerpflichtig?
BFH, Beschluss v. 26.5.2021, V R 22/20
Das Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH beruht auf Art. 267 AEUV. Die Vorlagefrage ist durch das EuGH-Urteil Mailat (EU:C:2018:1038) nicht geklärt. Der EuGH ging dort ebenfalls von einer Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksverpachtung aus. Der Fall betraf bewegliche, aber mit der Immobilie fest verbundenen Gegenstände. Zu einer sich hieraus ergebenden Steuerpflicht hat sich der EuGH indes nicht geäußert. Mit der Ablehnung des Aufteilungsgebots würde der Anwendungsbereich des Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL zurücktreten.
7.6 Keine Gewerbesteuer auf sog. Rendering-Leistungen von Architekten
FG Köln, Urteil v. 21.4.2021, 9 K 2291/17
Die Entscheidung macht deutlich, dass sich das Anforderungs- und Arbeitsprofil eines Architekten im Hinblick auf nun zur Verfügung stehende Medien gewandelt und erweitert hat, was auch vom Begriff der Freiberuflichkeit nach § 18 EStG erfasst wird. Die Tatsache, dass das FG keine Revision zugelassen hat, zeigt darüber hinaus, dass das FG keine Zweifel an seiner Rechtsauffassung hat.
7.7 Wenn das Finanzamt eine Zuständigkeitsvereinbarung aufhebt
BFH, Urteil v. 12.7.2021, VI R 13/19
Im Schrifttum wird vertreten, in der Zustimmung des Steuerpflichtigen zu einer Zuständigkeitsvereinbarung liege ein Beitrag, der einen Anspruch auf Vertrauensschutz begründen könne. Bei unverändertem Sachverhalt verstoße die grundlose Aufhebung der Zuständigkeitsvereinbarung ohne den Willen des Steuerpflichtigen gegen Treu und Glauben. Im Streitfall greifen diese Gesichtspunkte nicht, da die Gründe für den Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung entfallen waren.