Leitsatz
Leistet ein Arbeitgeber einen Zuschuss zu einer zweitägigen Betriebsveranstaltung in eine im Übrigen von den Arbeitnehmern unterhaltene Gemeinschaftskasse, so stellt diese Zuwendung keinen Arbeitslohn dar, wenn der Zuschuss die für die Annahme von Arbeitslohn bei Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen maßgebliche Freigrenze nicht überschreitet.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Stadt, führte in den Streitjahren 1987 bis 1993 jährlich einen Betriebsausflug durch. Die Ausflüge begannen regelmäßig freitags mit der Besichtigung öffentlicher Einrichtungen oder Sehenswürdigkeiten. Nach der anschließenden Personalversammlung fand ein Kameradschaftsabend mit Tanz statt. Obwohl die Ausflugsziele eine Rückfahrt am selben Tag erlaubt hätten, nahmen fast alle Teilnehmer die angebotenen Übernachtungsmöglichkeiten wahr. Lediglich der Behördenleiter fuhr freitags abends wieder nach Hause. Die Samstage standen den Teilnehmern zur freien Verfügung. Soweit gewünscht, nahmen sie an vom Personalrat vermittelten Stadtführungen oder ähnlichen Angeboten teil. Die jährlichen Zuschüsse der Klägerin zu den Betriebsausflügen betrugen je Teilnehmer 50 DM, die die Klägerin steuerfrei beließ. Im Anschluss an LSt-Außenprüfungen sah das FA die Zuschüsse als steuerpflichtigen Arbeitslohn an und nahm die Klägerin gem. § 42d EStG mit LSt-Haftungsbescheiden in Anspruch.
Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Fahrt- und Unterkunftskosten seien aus der vom Personalrat verwalteten Kameradschaftskasse gezahlt worden, die aus monatlichen Beiträgen der Beschäftigten gespeist werde. Alle nicht aus der Kameradschaftskasse bestrittenen Ausgaben – also insbesondere Verpflegungskosten – hätten die Teilnehmer bis auf den an den Personalrat gezahlten Arbeitgeberzuschuss von 50 DM selbst getragen.
Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Auf die Frage, ob ein Arbeitgeberzuschuss durch die Übergabe von Bargeld an die Arbeitnehmer zu Arbeitslohn führen würde, komme es im Streitfall nicht an. Denn die Zahlung der Zuschüsse sei an den Personalrat und somit nicht unmittelbar an die einzelnen Arbeitnehmer erfolgt. Die Behandlung von Barzuschüssen an die Arbeitnehmer könne also offen bleiben.
Hinweis
1. Der Sachverhalt des Besprechungsurteils zeichnete sich dadurch aus, dass ein Arbeitgeber Zuschüsse zu Betriebsausflügen i.H.v. 50 DM je teilnehmendem Arbeitnehmer leistete. Die Aufwendungen überstiegen damit weder die für die Streitjahre 1987 bis 1992 geltende Freigrenze von 150 DM noch die für das Streitjahr 1993 maßgebliche Freigrenze von 200 DM. Auf den Umstand, dass die betreffenden Betriebsveranstaltungen zwei Tage gedauert hatten, kam es – wie im zeitgleichen Urteil VI R 151/99, BFH-PR 2006, 102 entschieden – im Übrigen nicht (mehr) an.
2. Klargestellt hat der BFH mit dieser Entscheidung insbesondere, dass es für die Berechnung der Freigrenze nur auf die Aufwendungen des Arbeitgebers ankommt. Das heißt, von den Arbeitnehmern selbst getragene Kosten einer Betriebsveranstaltung sind nicht auf die jeweils geltende Freigrenze anzurechnen. Dies eröffnet für Arbeitgeber/Arbeitnehmer naturgemäß Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der eigenen Finanzierungsanteile der Arbeitnehmer.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 157/98