Leitsatz
Der zusätzliche Abzugshöchstbetrag des § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG i.H.v. 40.000 DM bzw. 20.450 € steht bei zusammen veranlagten Ehegatten jedem Ehegatten einzeln zu.
Normenkette
§ 10b Abs. 1 Satz 3, § 26b EStG
Sachverhalt
Die Kläger, zusammen zur ESt veranlagte Eheleute, machten neben verschiedenen Spenden für mildtätige, kirchliche und gemeinnützige Zwecke auch eine Zahlung an eine Stiftung i.H.v. 50.000 DM als Sonderausgaben geltend.
Zur Zahlung hatten die Kläger einen Scheck übersandt, der zulasten des Ehemanns eingelöst wurde. In einem Begleitschreiben hatten die Kläger mitgeteilt, dass sie "eine Zustiftung von je 25.000 DM" erbringen wollten.
Das FA berücksichtigte von den Zuwendungen an die Stiftung lediglich einen zusätzlichen Abzugshöchstbetrag nach § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG i.H.v. 40.000 DM. Das FG wies die Klage ab (EFG 2004, 255).
Entscheidung
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Das FG habe die Vorschrift des § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG zwar zutreffend dahingehend ausgelegt, dass der zusätzliche Abzugshöchstbetrag jedem Ehegatten eigenständig zu gewähren ist. Zu Unrecht habe es aber die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die gesamten Mittel für die Zuwendung aus dem Vermögen des Klägers abgeflossen seien.
Hinweis
1. Die Regelung in § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG enthält keine ausdrückliche Anordnung über einen Abzugsbetrag im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten; ihrem Wortlaut lässt sich somit nicht entnehmen, ob der zusätzliche Abzugshöchstbetrag für Spenden an steuerbefreite Stiftungen den Ehegatten nur einmal zusammen oder jedem Ehegatten eigenständig zustehen soll.
Nach Auffassung des BFH ist die Vorschrift verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Abzugsbetrag jedem der beiden Ehegatten zusteht. Dies setzt natürlich voraus, dass jeder Ehegatte auch persönlich als Spender (Stifter) eines entsprechenden Abzugsbetrags anzusehen ist (s. dazu unter 3.). Die Abzugsberechtigung ist damit spenderpersonbezogen, d.h. jedem Spender unabhängig von der Veranlagungsart zu gewähren.
Diese Auslegung entspricht dem Gesetzeszweck, der in den Materialien des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14.7.2000 (BStBl I 2000, 1192), mit dem der zusätzliche Abzugsbetrag eingeführt worden ist, zum Ausdruck kommt. Danach bezweckt die Vorschrift eine Förderung von gemeinnützigen Stiftungen durch die Gewährung eines erhöhten Sonderausgabenabzugs beim Stifter (BTDrucks 14/2340, 5).
2. Eine Auslegung in der Weise, dass zusammen veranlagten Ehegatten, die beide eine Zuwendung an Stiftungen erbracht haben, der Abzugshöchstbetrag nur einmal zusteht, würde sowohl gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG als auch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 6 GG verstoßen. Die Kläger würden in diesem Fall sowohl gegenüber nicht zusammen veranlagten verheirateten Spendern als auch gegenüber Spendern, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben, steuerlich benachteiligt werden. Ein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür wäre nicht ersichtlich.
3. Anders als das FG hat der BFH auch die Klägerin (Ehefrau) als Spenderin angesehen, obwohl der Scheck über die Spende allein zu Lasten des Klägers (Ehemann) eingelöst worden ist. Zur Begründung zieht der BFH seine Rechtsprechung zu § 26b EStG und der aus dieser Vorschrift abzuleitenden Einheit der Ehegatten beim Sonderausgabenabzug heran (vgl. bereits BFH, Urteil vom 24.1.1958, VI 9/56 S, BStBl III 1958, 77). Ausgaben des einen Ehegatten sind danach ohne weiteres auch als Ausgaben des anderen Ehegatten anzusehen.
Beachten Sie: Diese Betrachtung setzt allerdings voraus, dass auch beide Eheleute gegenüber der Stiftung als Spender aufgetreten sind. Das war hier der Fall, weil nach dem an die Stiftung gerichteten Begleitschreiben jeder Ehegatte "eine Zustiftung von je 25.000 DM" erbringen wollte.
Spendet lediglich ein Ehegatte einen über den erhöhten Abzugsbetrag hinausgehenden Betrag, kann der überschießende Betrag nicht als Spende des anderen Ehegatten angesehen werden. In diesem Fall könnte der Mehrbetrag nicht als Sonderausgabe abgezogen werden.
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Vorschrift so auszulegen wäre, dass bei zusammen veranlagten Ehegatten eine Verdoppelung des Abzughöchstbetrags stattfindet.
Diese Auslegung des § 10b Abs. 1 Satz 3 EStG hält der BFH nach dem Besprechungsurteil allerdings ausdrücklich für nicht zulässig. Nach seiner Auffassung wird dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass auf die Verhältnisse des einzelnen Ehegatten abgestellt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.8.2005, XI R 76/03