Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.12.1974/ 10. März 1976, BStBl 1976 II S. 145.
Zu verschiedenen Zweifelsfragen, die sich bei der Anwendung einzelner Vorschriften des neuen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ergeben haben, nehme wie folgt Stellung:
1. Gesellschaftsanteil beim Tode eines Gesellschafters § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG soll der Vermögenserwerb erfaßt werden, der sich beim Tod eines Gesellschafters dadurch ergibt, daß auf Grund des Gesellschaftsvertrags sein Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht auf seine Erben, sondern auf die verbleibenden Gesellschafter bzw. die Gesellschaft selbst übergeht und die Abfindung, die diese dafür zu leisten haben, geringer ist als der Steuerwert des Anteils. Dies gilt sowohl für die Beteiligung an einer Personengesellschaft als auch für die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.
2. Zugewinngemeinschaft § 5 ErbStG)
2.1 Ermittlung der fiktiven Ausgleichsforderung
Um bei der erbrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft nach § 5 Abs. 1 ErbStG die fiktive Ausgleichsforderung zu ermitteln sind folgende Berechnungen erforderlich:
a) Für jeden Ehegatten ist das Anfangs- und Endvermögen nach Verkehrswerten zu ermitteln. Die Zu- und Abrechnungen nach §§ 1374 ff. BGB sind dabei zu beachten. Bei Überschuldung ist das Vermögen mit 0 DM anzusetzen. War die Ehe schon vor dem 1.7.1958 geschlossen, so ist als Anfangsvermögen das an diesem Stichtag vorhandene Vermögen maßgebend (Art. 8 Abschnitt 1 Nr. 3 und 4 des Gleichberechtigungsgesetzes). Zur Überprüfung der vom überlebenden Ehegatten insoweit gemachten Angaben sind erforderlichenfalls die Steuerakten (Einkommensteuer- und Vermögensteuerakten) heranzuziehen, um festzustellen, ob die Angaben den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen können.
Die Vermutungen des § 1377 BGB sind für das Finanzamt widerlegbar, ehevertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Berechnung der Ausgleichsforderung für das Finanzamt nicht bindend.
b) Der Wert des Endvermögens des verstorbenen Ehegatten ist nach steuerlichen Bewertungsgrundsätzen zu ermitteln. Dabei sind alle bei der Ermittlung des Endvermögens berücksichtigten Vermögensgegenstände zu bewerten, auch wenn sie nicht zum steuerpflichtigen Erwerb gehören. Ist der sich danach ergebende Steuerwert des Endvermögens niedriger als der Verkehrswert, so ist für die Berechnung des als Ausgleichsforderung steuerfreien Betrags von diesem niedrigeren Betrag auszugehen. Maßgebend ist danach der Teilbetrag der Ausgleichforderung, der dem Verhältnis des Steuerwerts zum Verkehrswert des Endvermögens entspricht.
Beispiel:
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beim verstorbenen Ehemann |
bei der Ehefrau |
Endvermögen |
2 000 000 DM |
220 000 DM |
Anfangsvermögen |
400 000 DM |
20 000 DM |
Zugewinn |
1 600 000 DM |
200 000 DM |
Ausgleichsforderung der Ehefrau 1/2 |
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(1 600 000 DM ./. 200 000 DM) |
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= 700 000 DM |
Die Ehefrau ist Alleinerbin.
Das Endvermögen des verstorbenen Ehemanns setzt sich aus den nachstehend aufgeführten Vermögensgegenständen zusammen:
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Verkehrswert |
Steuerwert |
stpfl. Erwerb vor Abzug d. Freibeträge |
OHG-Anteil |
1 300 000 |
1 000 000 |
1 000 000 |
Grundbesitz in der Schweiz |
300 000 |
300 000 |
– |
Grundbesitz im Inland |
300 000 |
100 000 |
100 000 |
Kunstgegenstände und Hausrat |
100 000 |
100 000 |
100 000 |
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2 000 000 |
1 500 000 |
1 160 000 |
(Der Grundbesitz in der Schweiz bleibt beim steuerpflichtigen Erwerb nach dem DBA Schweiz außer Ansatz, von den Kunstgegenständen bleiben nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 40 000 DM steuerfrei.)
Entsprechend dem Verhältnis Steuerwert/Verkehrswert des Nachlasses ist die Ausgleichsforderung mit
700 000 DM × 1 500 000 DM |
= 525 000 DM nach § 5 Abs. 1 ErbStG steuerfrei. |
2 000 000 DM |
Der steuerpflichtige Erwerb der Ehefrau beträgt, wenn der Versorgungsfreibetrag durch den Kapitalwert steuerfreier Versorgungsbezüge verbraucht ist, 1160 000 ./. (250 000 + 525 000) 385 000 DM.
c) Nach dem BGH-Urteil vom 14.11.1973 (NJW 1974 S. 137 ff.) stellt die nur nominale Wertsteigerung des Anfangsvermögens eines Ehegatten während der Ehe keinen Zugewinn dar. Von der Anwendung des BGH-Urteils kann für steuerliche Zwecke abgesehen werden. Berechnet der überlebende Ehegatte seinen Zugewinn unter Berücksichtigung des BGH-Urteils, so ist in gleicher Weise auch bei der Berechnung des Zugewinns des verstorbenen Ehegatten zu verfahren.
d) Die Ermittlung der fiktiven Ausgleichsforderung erübrigt sich, wenn von vornherein abzusehen ist, daß der Erwerb des überlebenden Ehegatten einschließlich etwaiger Vorschenkungen § 14 ErbStG) die persönlichen Freibeträge nicht überschreiten wird.
2.2 Verzicht auf die Ausgleichsforderung
Kommt es mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft zur güterrechtlichen Abwicklung, so gehört eine dabei entstehende Ausgleichsforderung § 1378 Abs. 3 BGB) nicht zum steuerpflichtigen Erwerb § 5 Abs. 2 ErbStG). Verzichtet der berechtigte Ehegatte auf die ihm zustehende Ausgleichsforderung, so kann, sofern Bereicherung und Bereicherungswille gegeben sind, darin eine Schenkung unt...