Leitsatz
Im Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel ist die Zwischenschaltung einer GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn die GmbH nicht funktionslos ist, d.h. wenn sie eine wesentliche – wertschöpfende – eigene Tätigkeit (z.B. Bebauung des erworbenen Grundstücks) ausübt.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Eine GbR hatte von der Treuhandanstalt eine mit einem Verwaltungsgebäude und anderen Gebäuden bebaute Immobilie erworben. Dabei ging sie eine betragsmäßige Investitionsverpflichtung und die Verpflichtung zur Schaffung von Arbeitsplätzen ein. Nach Sanierung wurde das Verwaltungsgebäude langfristig an eine Behörde vermietet.
Die Nebengebäude wurden abgerissen, um ein Gebäude mit Ladengeschäft und Büroräumen zu errichten. Diese geplanten und genehmigten Räume versuchte die GbR vor Beginn der Bauarbeiten zu vermieten. Nachdem das misslang, änderte die GbR mit Zustimmung der Treuhandanstalt ihre Pläne und ließ sich anstelle von Büroräumen die Errichtung von 45 Wohnungen genehmigen.
Zur Durchführung der Baumaßnahmen und zur Vermarktung der Wohnungen gründeten zwei Gesellschafter der GbR eine GmbH, mit der anschließend ein Bauvertrag zu einem Festpreis vereinbart wurde. Kurze Zeit später verkaufte die GbR einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an die GmbH. In dem Kaufvertrag verpflichtete sich die GmbH, gemeinsam mit der GbR ein Gebäude mit einem Ladengeschäft der GbR im Erdgeschoss und 45 Wohnungen der GmbH im Obergeschoss zu errichten. Später wurde das Gebäude in Teileigentum der GbR im Erdgeschoss und Wohnungseigentum der GmbH im Obergeschoss geteilt. Die GmbH veräußerte sodann die Wohnungen an verschiedene Erwerber, während die GbR das Ladengeschäft veräußerte. Die GmbH wurde später insolvent.
Das FA sah die Aktivitäten der GbR als gewerblichen Grundstückshandel an. Gegen die betreffenden Gewinnfeststellungsbescheide erhob die GbR erfolglos Klage (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 22.05.2008, 1 K 50202/03, Haufe-Index 2006684, EFG 2008, 1726).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der GbR für die Jahre der Veräußerungen statt. Die GbR habe einerseits selbst keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Andererseits sei die Einschaltung der GmbH kein Gestaltungsmissbrauch gewesen.
Hinweis
1. Von den Tatbestandsmerkmalen eines Gewerbebetriebs war im Urteilsfall nur das Überschreiten privater Vermögensverwaltung problematisch. An der Nachhaltigkeit fehlte es deshalb nicht, weil die klagende GbR zwei Objekte veräußert hatte. Deshalb war die Rechtsprechung des BFH zu Ein-Objekt-Fällen nicht einschlägig. Zur Frage der Nachhaltigkeit lassen sich deshalb aus dem Urteil keine Erkenntnisse gewinnen.
2. Da im Urteilsfall aber nicht mehr als drei Objekte veräußert worden waren, war der Bereich privater Vermögensverwaltung nur überschritten, wenn die veräußernde GbR Aktivitäten zur Erhöhung des Grundstückswerts in einem Zeitpunkt entfaltet hätte, in dem zweifelsfrei erwiesen war, dass das Grundstück aus ihrem Vermögen ausscheiden sollte, also unbedingte Veräußerungsabsicht bestand. Diese Absicht wurde hier erst nach erfolgloser Vermietung gefasst. Anschließend unternahm die GbR keine Aktivitäten zur Wertsteigerung des Grundstücks mehr.
3. Die Bebauung durch eine von Gesellschaftern der GbR beherrschte GmbH kann nach Auffassung des BFH nicht der GbR zugerechnet werden. Dies würde voraussetzen, dass die Einschaltung der GmbH als missbräuchlich beurteilt werden müsste. Zwar hat der BFH in wenigen Fällen die missbräuchliche Einschaltung einer GmbH zur Vermeidung eines Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze diskutiert. Im hiesigen Fall schließt er einen Gestaltungsmissbrauch aber jedenfalls deshalb aus, weil die GmbH sich nicht auf das Durchhandeln von Objekten beschränkt, sondern eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet hat. Gestaltungsmissbrauch kommt also allenfalls bei Einschaltung einer funktionslosen GmbH in Betracht. Im Übrigen war im Urteilsfall erkennbar, dass die GmbH von Beginn an aus anderen Gründen, nämlich zur Beschränkung der Haftung eingeschaltet worden war.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.03.2010 – IV R 25/08