Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 26.08.1993; Aktenzeichen 9 Sa 241/93) |
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.07.1993; Aktenzeichen 9 Sa 126/93) |
ArbG Mainz (Urteil vom 16.11.1992; Aktenzeichen 5 Ca 1355/92) |
Tenor
1. Der Antrag der Kläger, ihnen wegen Versäumung der Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Die Revisionen der Klägerin zu 1 gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli 1993 – 9 Sa 126/93 – und des Klägers zu 2 gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. August 1993 – 9 Sa 241/93 – werden als unzulässig verworfen.
3. Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin und der Kläger waren bei der PAE-GmbH (im folgenden PAE) beschäftigt, die in N. innerhalb eines Kasernengeländes der US-Armee ein Material- und Ersatzteillager betrieb. Ursprünglich hatte die US-Armee das Material selbst verwaltet. Durch einen auf die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis zum 30. September 1992 befristeten Vertrag übernahm die PAE diese Aufgabe. Eine Neuausschreibung hatte zur Folge, daß für den neuen Vertrag ab 1. Oktober 1992 nicht die PAE, die sich auch beworben hatte, sondern die Beklagte den Zuschlag erhielt. Die Beklagte betreibt seit 1. Oktober 1992 in den gleichen Räumlichkeiten mit weitgehend den gleichen Geräten und dem gleichen Personal dieses Ersatzteillager. Die Parteien streiten in den in der Revisionsinstanz verbundenen Verfahren darüber, ob die Beklagte den Betrieb der PAE übernommen hat und damit die zwischen den Klägern und der PAE begründeten Arbeitsverhältnisse zwischen den Parteien fortbestehen.
Das Arbeitsgericht hat antragsgemäß festgestellt, daß zwischen den Klägern und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des jeweiligen Arbeitsvertrages mit der PAE besteht. Das Landesarbeitsgericht hat diese Urteile abgeändert und die Klagen abgewiesen. Hiergegen richten sich die Revisionen des Klägers und der Klägerin.
Die Urteile des Landesarbeitsgerichts sind den Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 30. bzw. 31. Dezember 1993 zugestellt worden. Die Revisionsschriften vom 27. Januar 1994 sind am 2. Februar 1994 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen.
Die Kläger machen geltend, schon aus dem Briefumschlag, mit dem die Revisionsschriften an das Bundesarbeitsgericht übersandt worden seien, sei erkennbar, daß diese am 27. Januar 1994 tatsächlich abgesandt worden seien. Damit habe man davon ausgehen können, daß die Revisionsschriften spätestens bis zum 31. Januar 1994 beim Bundesarbeitsgericht eingehen würden. Gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision sei ihnen deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Umstände aktenkundig und damit offenkundig seien.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der mit dem Rechtsmittel angegriffenen Urteile nach ihren zuletzt gestellten Anträgen zu entscheiden,
hilfsweise ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beklagte beantragt jeweils Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war in beiden vom Revisionsgericht verbundenen Verfahren als unzulässig zu verwerfen.
1. Die Revisionsfrist beträgt einen Monat (§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und beginnt mit Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils (§ 552 ZPO). Diese Frist haben die Kläger mit den erst am 2. Februar 1994 eingegangenen Revisionen versäumt. Da die Urteile des Landesarbeitsgerichts am 30. bzw. 31. Dezember 1993 zugestellt worden sind, hätten die Revisionen bis zum 31. Januar 1994 beim Bundesarbeitsgericht eingehen müssen.
2. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann nicht gewährt werden, da nicht davon auszugehen ist, daß die Kläger ohne ein ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten verhindert waren, die Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG einzuhalten (§ 233 ZPO).
a) Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt nicht in Betracht. Zwar ist vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt, also Revision eingelegt worden. Die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung sind jedoch nicht offenkundig. Aus der Akte ergibt sich nicht schlüssig, daß ein Wiedereinsetzungsgrund vorgelegen hätte, die Verzögerung also z.B. durch eine den Prozeßbevollmächtigten der Kläger nicht zuzurechnende Postverzögerung verursacht worden wäre. Bei den Revisionsakten befindet sich zwar ein Briefumschlag. Dieser gibt jedoch keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, wie es zum verzögerten Eingang der Revisionsschriften gekommen ist. Der Briefumschlag trägt keinen Poststempel, sondern nur den aufgeklebten Ausdruck eines Freistemplers des Prozeßbevollmächtigten der Kläger. Ob der Briefumschlag, der zudem eingerissen ist, überhaupt auf dem Postweg an das Bundesarbeitsgericht gelangt ist, läßt sich der Akte nicht entnehmen. Genauso gut könnte dieser Briefumschlag am 2. Februar 1994 in den Briefkasten des Bundesarbeitsgerichts eingeworfen worden oder sonstwie an das Bundesarbeitsgericht gelangt sein.
b) Soweit die Kläger hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausdrücklich beantragt haben, scheitert dieser Antrag schon daran, daß er nicht fristgemäß gestellt worden ist. Nach § 234 Abs. 1 und 2 ZPO muß die Wiedereinsetzung innerhalb einer zweiwöchigen Frist ab dem Tag beantragt werden, an dem das Hindernis behoben ist. Da der Prozeßbevollmächtigte der Kläger schon mit Schreiben vom 3. Februar 1994 auf die Verspätung hingewiesen worden ist, konnten die Schriftsätze vom 28. Februar 1994 die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nicht wahren. Abgesehen davon enthalten auch diese ergänzenden Schriftsätze keinerlei Sachvortrag, der schlüssig darlegen würde, daß es ohne Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Kläger zu dem verspäteten Eingang der Revisionsschriften gekommen ist. Schließlich fehlen auch jegliche Mittel der Glaubhaftmachung. Es ist insbesondere nicht glaubhaft gemacht, daß die Schriftsätze noch am 27. Januar 1994 zur Post gegeben worden sind.
3. Die Kläger tragen nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revisionsverfahren.
Unterschriften
Bitter, Bröhl, Dr. Fischermeier, Piper, Dr. Bächle
Fundstellen