Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung

 

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Vater des Klägers führte zunächst seinen Autohandels- und Reparaturbetrieb als Einzelunternehmen (Autohaus …; St. Nr. des beklagten Finanzamts: 129/52637). Mit Vertrag vom 2. Januar 1995 nahm er den Kläger als Gesellschafter in eine offene Handelsgesellschaft auf (Autohaus … oHG; St. Nr.: 601/34757; Akte Dauerunterlagen). Am 23. Juni 1996 verstarb der Vater; Alleinerbin wurde seine Ehefrau (Erbschein des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck). Mit Schreiben vom 3. Juli 1996 teilte die Kanzlei … als Steuerberater der oHG und ihrer Gesellschafter dem Finanzamt mit, daß durch den Tod des Vaters die oHG gemäß § 131 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB) aufgelöst sei und die Gesellschaftsanteile des Vaters gemäß § 738 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf den Kläger übergegangen seien. Der Kläger führte in der Folge den Betrieb als Einzelunternehmen fort.

Am 3. März 1997 ordnete das Finanzamt eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) 1977 an. Als Inhaltsadressaten der Prüfungsanordnungen waren – unter Angabe der jeweiligen St. Nr. – der Vater des Klägers sowie die oHG benannt. In der Anlage zu der jeweiligen Prüfungsanordnung wies das Finanzamt unter anderem darauf hin, daß dem Prüfer ein geeigneter Raum, auf Anforderung auch Hilfsmittel zur Lesbarmachung von Unterlagen auf Datenträgern bzw. Ausdrucke oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen (§ 147 Abs. 5 AO 1977) zur Verfügung zu stellen seien.

Mit – als Einspruch gegen die Prüfungsanordnungen bezeichnetem – Schreiben vom 2. April 1997 beantragte der Steuerberater unter anderem, die Prüfung in den Kanzleiräumen durchzuführen, weil die Sachkonten auf Datenträgern gespeichert und nur in der Kanzlei einsehbar seien.

Das Finanzamt bewertete diese Anträge ebenfalls als Einsprüche und verwies im Schreiben vom 14. April 1997 auf die Verpflichtung nach § 147 Abs. 5 AO 1977.

Darauf bat der Steuerberater mit Schreiben vom 25. April 1997, darzulegen, warum die Prüfung nicht in der Kanzlei stattfinden könne, und bot an, einen PC und das notwendige Personal zur Lesbarmachung der Sachkonten zu stellen.

Im Antwortschreiben vom 6. Mai 1997 führte das Finanzamt aus, daß ein Rechtsanspruch auf Durchführung der Außenprüfung beim Steuerberater nicht bestehe, und bestand unter Hinweis auf § 200 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 auf Vorlage der zu prüfenden Unterlagen an Amtsstelle.

Mit Schreiben vom 13. Mai 1997 wies der Steuerberater darauf hin, daß bei der Firma … kein geeigneter Raum zur Verfügung stehe, und beantragte weiterhin, die Außenprüfung in der Kanzlei durchzuführen. Der vom Finanzamt geforderte Ausdruck von Sachkonten sei zeitaufwendig und – im Vergleich mit dem vorgeschlagenen Verfahren – ein unangemessener Aufwand.

Im Schreiben vom 25. Juli 1997 bestand das Finanzamt auf der Vorlage ausgedruckter Sachkonten an Amtsstelle. Nach den Erfahrungen des Finanzamts führe die Durchführung von Außenprüfungen bei der Kanzlei … nicht zur Beschleunigung des Prüfungsablaufs.

Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.

In den (wiederum an den Vater des Klägers bzw. die oHG gerichteten) Einspruchsentscheidungen vom 8. Oktober 1997 führte das Finanzamt im wesentlichen aus:

Die Anforderung eines vollständigen Ausdrucks der Sachkonten sei ermessensgerecht. Der Prüfer müsse schnell und unkompliziert Daten und Zahlen zur steuerlichen Kontrolle auffinden. Er benötige leicht transportables schriftliches Material, das er nach Bedarf in der Handakte dokumentieren und zu Beweiszwecken aufbewahren könne. Der dafür nötige Aufwand sei einem Steuerpflichtigen, der die Vorteile des Einsatzes von Datenträgern nutze, zumutbar.

Auch die Festlegung des Prüfungsorts sei ermessensgerecht. Ein Steuerpflichtiger, der keinen geeigneten Geschäftsraum zur Verfügung habe, könne grundsätzlich nicht verlangen, daß die Prüfung im Büro des Steuerberaters durchgeführt werde. Angesichts der zu befürchtenden – im Schreiben des Finanzamts vom 25. Juli 1997 dargestellten – Behinderungen sei eine Prüfung an Amtsstelle nahezu zwingend. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der Steuerpflichtige bei Vorhandensein ausreichender Geschäftsräume die Unterlagen dort zur Einsicht und Prüfung vorlegen müsse. Bei einer Prüfung an Amtsstelle treffe ihn keine schwerere Verpflichtung.

Nach Erhebung der Klagen, die der Senat zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, hat das Finanzamt die Prüfungsanordnungen vom 3. März 1997 wegen unzutreffender Benennung der Adressaten für gegenstandslos erklärt und zugleich – unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidungen vom 8. Oktober 1997 und die zugrundeliegenden Vorgänge – neue Prüfungsanordnungen an den Kläger „als Rechtsnachfolger von Walter …” und „als Rechtsnachfolger von Autohaus … OHG” erlassen. Der Kläger hat diese Prüfungsanordnungen gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Im Klageverfah...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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